Eine Hand hält ein rosa Smartphone, auf dessen Display der Begriff "E-Ticket" und ein QR-Code angezeigt wird. In Hintergrund ist eine verschwommene Leuchttafel für Abfahrts- oder Abflugzeiten zu sehen.
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eTi­ckets in NRW

Ver­öf­fent­licht am

Prak­ti­sche eTicketing-​Systeme sind im Nah­ver­kehr immer mehr auf dem Vor­marsch. Das Land Nordrhein-​Westfalen un­ter­stützt diese Ent­wick­lung.

Beim elek­tro­ni­schen Ti­cke­ting wer­den die Fahrt­be­rech­ti­gun­gen für den öf­fent­li­chen Per­so­nen­ver­kehr bar­geld­los er­wor­ben, elek­tro­nisch ge­spei­chert und auf elek­tro­ni­schen Me­di­en ver­wal­tet. Das Land Nordrhein-​Westfalen un­ter­stützt die Eta­blie­rung von eTicketing-​Systemen. Es hat hier­zu das Kom­pe­tenz­cen­ter Di­gi­ta­li­sie­rung (KCD) ein­ge­rich­tet, das die Ver­bün­de in NRW u. a. bei der Ein­füh­rung und Wei­ter­ent­wick­lung elek­tro­ni­scher Ticketing-​Systeme un­ter­stützt. Ziel ist es, lan­des­weit ein­heit­li­che Lö­sun­gen zu ent­wi­ckeln, die auf­grund ge­mein­sa­mer Stan­dards un­ter­ein­an­der zu­sam­men­ar­bei­ten kön­nen.

Aus­gangs­la­ge


Das elek­tro­ni­sche Ti­cke­ting wird in drei Ent­wick­lungs­stu­fen un­ter­teilt:

1. Stufe: Bar­geld­lo­ses Be­zah­len
Bar­geld­lo­ses Be­zah­len be­inhal­tet die Nut­zung einer elek­tro­ni­schen Geld­bör­se und/oder einer per­so­nen­ge­bun­de­nen Bank­kar­te für den Fahr­schein­kauf. Die­ser wird je­doch wei­ter­hin in Pa­pier­form aus­ge­ge­ben. Ent­spre­chend aus­ge­rüs­te­te Ver­kaufs­au­to­ma­ten (Zah­lungs­ter­mi­nals) kön­nen so­wohl im Fahr­zeug als auch sta­tio­när vor­han­den sein.

2. Stufe: Elek­tro­ni­scher Fahr­schein
Wird vom Fahr­gast ein elek­tro­ni­scher Fahr­schein ge­löst, spricht man vom ein­fa­chen elek­tro­ni­schen Ti­cke­ting. Der Fahr­schein wird auf einer Chip­kar­te oder einem mo­bi­len End­ge­rät ab­ge­legt und nicht mehr in Pa­pier­form aus­ge­ge­ben. Das elek­tro­ni­sche Me­di­um dient dann als Trä­ger­me­di­um für den Fahr­schein. In Stufe 2 ent­spre­chen die ta­rif­li­chen Grund­la­gen des elek­tro­ni­schen Fahr­scheins den Mög­lich­kei­ten des Pa­pier­fahr­scheins (z. B. „Mo­nats­kar­te“).

3. Stufe: Au­to­ma­ti­sier­te Fahr­preis­fin­dung
Voll­stän­di­ges elek­tro­ni­sches Ti­cke­ting wird auch „E-​Tarif“ ge­nannt, da die Fahr­preis­fin­dung nur elek­tro­nisch ab­lau­fen kann und der Fahr­gast keine Ta­rif­kennt­nis­se be­nö­tigt. Durch ak­ti­ve An- und Ab­mel­de­vor­gän­ge (Check-​In/Check-​Out) im Fahr­zeug bzw. am Bahn­steig oder durch eine au­to­ma­ti­sche An­we­sen­heits­er­fas­sung des Fahr­gas­tes im Fahr­zeug (Be-In/Be-​Out), wird der Fahr­weg fest­ge­hal­ten, der ent­spre­chen­de Fahr­preis au­to­ma­tisch er­mit­telt und ab­ge­rech­net. Bei der Kom­bi­na­ti­on bei­der Me­tho­den mel­det sich der Fahr­gast aktiv an, seine An­we­sen­heit wird an­schlie­ßend au­to­ma­tisch er­fasst (Check-​In/Be-​Out). Die 3. Stufe des elek­tro­ni­schen Ti­cke­tings er­mög­licht unter an­de­rem auch au­to­ma­ti­sche, an­ony­me Fahr­gast­zäh­lun­gen etc.

Zur Er­fas­sung der durch­ge­führ­ten Fahr­ten ste­hen in der 3. Stufe un­ter­schied­li­che Me­di­en und Über­tra­gungs­we­ge zur Ver­fü­gung:

  • Kon­takt­lo­se Chip­kar­ten – auch Pro­xi­mi­ty Cards ge­nannt – er­mög­li­chen Da­ten­über­tra­gun­gen von/zu den Ter­mi­nals aus un­ter­schied­li­chen Ent­fer­nun­gen. Bei kon­takt­lo­sen Kar­ten mit RFID-​Technologie (engl. Radio-​Frequency Iden­ti­fi­ca­ti­on) kön­nen über einen im Me­di­um in­te­grier­ten pas­si­ven Trans­pon­der Daten aus­ge­tauscht wer­den. Je nach ein­ge­setz­tem Fre­quenz­be­reich be­trägt die Reich­wei­te bei pas­si­ven Trans­pon­dern zwi­schen ca. 50 cm und 6 m. Ak­ti­ve Trans­pon­der mit ei­ge­ner Strom­ver­sor­gung be­sit­zen noch hö­he­re Reich­wei­ten, je­doch spie­len diese „Wide-​Range/Long-​Range-Verfahren“ in der Dis­kus­si­on um Rea­li­sie­rung der 3. Stufe wegen des hohen En­er­gie­ver­brauchs keine Rolle mehr.
  • Aus der RFID-​Technologie her­aus wurde 2004 der NFC-​Standard (engl. „Near Field Com­mu­ni­ca­ti­on NFC“) für die Über­tra­gung zwi­schen 2 Trans­pon­dern ent­wi­ckelt. Ein pas­si­ver NFC-​Transponder kann, wie bei der RFID-​Technologie, z. B. in eine Chip­kar­te oder ein mo­bi­les End­ge­rät (z. B. Smart­pho­ne) in­te­griert wer­den. Ge­gen­über der RFID-​Technologie ist die Reich­wei­te der NFC-​Technologie auf ma­xi­mal 10 cm be­grenzt, um so, neben der stan­dar­di­sier­ten Da­ten­ver­schlüs­se­lung, einen größt­mög­li­chen Da­ten­schutz zu ge­währ­leis­ten.
  • Zu­neh­mend wer­den auch ver­brei­te­te Standard-​Technologien von Smart­pho­nes ein­ge­setzt, um die De­tek­ti­on des Nut­zers und die Kom­mu­ni­ka­ti­on mit dem Hin­ter­grund­sys­tem des Ticketing-​Systems durch­zu­füh­ren. Dabei spielt so­wohl die Über­mitt­lung von Stand­ort­da­ten – er­fasst durch die Geo­lo­ka­ti­ons­funk­tio­nen des Smart­pho­nes – oder aber die Er­fas­sung des End­ge­räts in­ner­halb des Fahr­zeugs über ein fahr­zeugei­ge­nes WLAN oder Bluetooth-​Beacon – und die Über­tra­gung die­ser Daten über Mo­bil­funk eine Rolle.

Die tech­ni­schen Ent­wick­lun­gen sind in vie­len Pi­lot­pro­jek­ten ge­tes­tet und zu­neh­mend in den Re­gel­be­trieb über­nom­men wor­den (bar­geld­lo­ses Be­zah­len, Ab­le­gen des Ti­ckets auf einem elek­tro­ni­schen Chip). Des­halb ste­hen die Mög­lich­kei­ten der künf­ti­gen Ta­rif­ge­stal­tung, die Ak­zep­tanz der Kund­schaft bei Ta­rifum­stel­lun­gen, die Be­nut­zer­freund­lich­keit sowie die Wirt­schaft­lich­keit des elek­tro­ni­schen Ti­cke­tings immer mehr im Vor­der­grund.

Ak­teu­re


Mit der Ent­wick­lung der VDV-​Kernapplikation (VDV-​KA) haben der Ver­band deut­scher Ver­kehrs­un­ter­neh­men (VDV) und seine Mit­glie­der einen un­ab­hän­gi­gen tech­ni­schen Daten-​ und Schnitt­stel­len­stan­dard für das elek­tro­ni­sche Fahr­geld­ma­nage­ment (EFM) rea­li­siert und die or­ga­ni­sa­to­ri­schen Vor­aus­set­zun­gen für eine tech­no­lo­gie­un­ab­hän­gi­ge und über­re­gio­nal in­ter­ope­ra­ble An­wen­dung ge­schaf­fen. Ziel der Kern­ap­pli­ka­ti­on ist es, den Fahr­gäs­ten deutsch­land­weit einen ein­heit­li­chen Stan­dard für das elek­tro­ni­sche Ti­cke­ting zu bie­ten. Die VDV-​Kernapplikation be­zieht sich nicht nur auf Chip­kar­ten, son­dern auch auf an­de­re Nut­zer­me­di­en. Ein­be­zo­gen sind alle drei Stu­fen des elek­tro­ni­schen Ti­cke­tings. Die Ent­wick­lung der VDV-​Kernapplikation ist vom Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Bil­dung und For­schung (BMBF) ge­för­dert wor­den.

Die or­ga­ni­sa­to­ri­sche Um­set­zung der Kern­ap­pli­ka­ti­on über­nimmt die hier­für ge­grün­de­te VDV eTi­cket Ser­vice GmbH & Co. KG. Zu ihren Auf­ga­ben ge­hört u.a. die Ap­pli­ka­ti­ons­her­aus­ga­be ein­schließ­lich der Sys­te­mak­kre­di­tie­rung und Re­gis­trie­rung, die Zer­ti­fi­zie­rung von stan­dard­kom­pa­ti­blen Nut­zer­me­di­en und Sys­tem­kom­po­nen­ten, die Schaf­fung eines ein­heit­li­chen Organisations-​ und Ver­trags­wer­kes, die Be­ra­tung und Un­ter­stüt­zung der Ver­kehrs­un­ter­neh­men sowie die Ver­mark­tung der VDV-​Kernapplikation. Hinzu kommt die Ein­rich­tung eines um­fang­rei­chen Si­cher­heits­ma­nage­ments zum Schutz von Kund*innen-​, Unternehmens-​ und Nut­zungs­da­ten, das stän­dig dy­na­misch wei­ter­ent­wi­ckelt wird. Die Ver­mark­tung des in­ter­ope­ra­blen elek­tro­ni­schen Ti­cke­ting nach dem Stan­dard der VDV-​Kernapplikation er­folgt in Deutsch­land unter dem Namen (((eTi­cket­Deutsch­land. Um einen hohen Wie­der­erken­nungs­wert bei den Kund*innen zu er­rei­chen, wur­den ein ein­heit­li­ches Er­schei­nungs­bild (ur­he­ber­recht­lich ge­schütz­te Logos und Pik­to­gram­me) sowie ein­heit­li­che Ver­fah­rens­wei­sen bei der eTicketing-​Nutzung ein­ge­führt.

Der 1998 als „Ar­beits­kreis Kon­takt­lo­se Chip­kar­ten für Elec­tro­nic Ti­cke­ting“ ge­grün­de­te Kon­ti­ki e.V. dient als Forum für pra­xis­ori­en­tier­te Ent­wick­lun­gen im elek­tro­ni­schen Ti­cke­ting, so­wohl na­tio­nal als auch in­ter­na­tio­nal. Zu den Mit­glie­dern ge­hö­ren Ver­kehrs­un­ter­neh­men, Ver­kehrs­ver­bün­de und Auf­ga­ben­trä­ger sowie IT-, Industrie-​ und Be­ra­tungs­un­ter­neh­men. Kon­ti­ki e.V. ver­an­stal­tet jähr­lich Kon­fe­ren­zen zu ak­tu­el­len The­men rund um das elek­tro­ni­sche Ti­cke­ting.

Um die Ent­wick­lung eines in­ter­ope­ra­blen EFM in NRW zu un­ter­stüt­zen, wurde 2001 beim Ver­kehrs­ver­bund Rhein-​​Ruhr (VRR) im Auf­trag des Ver­kehrs­mi­nis­te­ri­ums NRW das Kom­pe­tenz­cen­ter Di­gi­ta­li­sie­rung (KCD, bis 2018 Kom­pe­tenz­cen­ter Elek­tro­ni­sches Fahr­geld­ma­nage­ment) an­ge­sie­delt. Das Kom­pe­tenz­cen­ter un­ter­stützt und berät an­de­re Ver­kehrs­räu­me in NRW bei der Ein­füh­rung und Wei­ter­ent­wick­lung eines elek­tro­ni­schen Ticketing-​​Systems. Hier­zu sam­melt und ver­brei­tet das KCD Er­fah­run­gen sowie In­for­ma­tio­nen zum elek­tro­ni­schen Fahr­geld­ma­nage­ment und ar­bei­tet an den Spe­zi­fi­ka­tio­nen sowie Stan­dar­di­sie­run­gen für eTi­ckets in NRW mit Ori­en­tie­rung an der VDV-​​Kernapplikation mit.

Deutsch­land­weit sind seit Be­ginn der 90er Jahre zahl­rei­che Sys­tem­an­sät­ze ge­tes­tet bzw. in den Pra­xis­be­trieb ein­ge­führt wor­den. In NRW kön­nen für die drei Ent­wick­lungs­stu­fen bei­spiel­haft ge­nannt wer­den:

1. Stufe (Bar­geld­lo­ses Be­zah­len):

Das bar­geld­lo­se Be­zah­len von Fahr­schei­nen hat ins­be­son­de­re im Schie­nen­per­so­nen­ver­kehr sowie beim Ver­kauf von Zeit­kar­ten in den Kun­den­zen­tren der Ver­kehrs­un­ter­neh­men oder über Fahr­kar­ten­au­to­ma­ten hohe Ver­brei­tung ge­fun­den und wird ver­ein­zelt auch zum Be­zah­len beim Fahr­per­so­nal ein­ge­setzt.

Ein An­wen­dungs­fall im Be­reich Bus ist in NRW bei der Re­gio­nal­ver­kehr Köln GmbH im Herbst 2023 ge­star­tet. Alle RVK-​Fahrzeuge wer­den suk­zes­si­ve mit einem Zah­lungs­ver­kehrs­ter­mi­nal aus­ge­stat­tet, an denen Ti­ckets mit Kredit-​ oder Gi­ro­kar­ten bzw. auch per Smart­pho­ne be­zahlt wer­den kön­nen. Ti­ckets kön­nen dort aber auch wei­ter­hin in bar ge­kauft wer­den. Das bar­geld­lo­se Zah­len ist eine zu­sätz­li­che, fle­xi­ble Zah­lungs­mög­lich­keit.

2. Stufe (Elek­tro­ni­scher Fahr­schein ohne Check-​In/Check-​Out):

In NRW haben die Ver­bund­räu­me Rhein-​Ruhr (VRR) und Rhein-​Sieg (VRS) 2003 mit der Ein­füh­rung von elek­tro­ni­schen Ti­ckets auf Chip­kar­te für Zeit­fahr­kar­ten be­gon­nen. Seit 2007 wer­den die elek­tro­ni­schen Ti­ckets nach dem deutsch­land­wei­ten Stan­dard der VDV-​​Kernapplikation aus­ge­ge­ben. Im Aa­che­ner Ver­kehrs­ver­bund (AVV) wurde das elek­tro­ni­sche Ti­cket auf Chip­kar­te schritt­wei­se ab dem Fahr­plan­jahr 2018 ein­ge­führt. Im Ta­rif­raum West­fa­len wer­den re­gio­nal ein­zel­ne Zeit­ti­ckets im Abon­ne­ment als elek­tro­ni­sche Ti­ckets aus­ge­ge­ben: 

  • Bei­spiels­wei­se haben die Stadt­wer­ke Müns­ter 2012 das elek­tro­ni­sche Ti­cket für Zeit­fahr­kar­ten nach der VDV-​​Kernapplikation ein­ge­führt. 2013 wur­den hier zwei viel be­ach­te­te Tarif-​​Innovationen um­ge­setzt: ein 90-​​Minuten gül­ti­ges Kurzzeit-​​Ticket sowie das „Flex­abo“. Der ge­rin­ge Ein­stieg­preis in der Neben-​​ und Schwach­ver­kehrs­zeit, wobei Fahr­ten in der Haupt­ver­kehrs­zeit mit 1,50€ Auf­preis pro Tag mög­lich sind. 
  • In Pa­der­born gibt es mit der smil­ecard be­reits seit April 2003 einen elek­tro­ni­schen Fahr­schein im Bar­fahr­aus­weis­be­reich. Ein­zel­fahr­schei­ne wer­den in Form elek­tro­ni­scher Ti­ckets ra­bat­tiert. Das hier ein­ge­setz­te Ver­fah­ren ba­siert je­doch nicht auf der VDV-​​Kernapplikation.

Viele Ver­kehrs­un­ter­neh­men im VRR und VRS las­sen ihre Fahr­gäs­te beim Ein­stieg durch das Fahr­per­so­nal kon­trol­lie­ren (kon­trol­lier­ter Vor­der­ein­stieg). In meh­re­ren Pi­lot­ver­su­chen wurde ab 2006 die Kon­trol­le mit Prüf­ge­rä­ten im Bus auf Basis der NFC-​​Technologie ge­tes­tet. Dabei zeig­te sich, dass die Schwarz­fah­rer­quo­te ge­senkt und der Ti­cket­um­satz ge­stei­gert wer­den konn­ten. Im Jahr 2008 wurde im VRR der Be­schluss ge­fasst, den elek­tro­nisch kon­trol­lier­ten Vor­der­ein­stieg ver­bund­weit ein­zu­füh­ren. In­zwi­schen sind die Kon­troll­sys­te­me flä­chen­de­ckend auf­ge­baut. Alle elek­tro­ni­schen Abo-​​Tickets, Handy-​​ und Online-​​Tickets wer­den von den in­stal­lier­ten Kar­ten­le­se­ge­rä­ten auf ihre Gül­tig­keit über­prüft.

Die Ver­kehrs­ver­bün­de VRR und VRS und die an­ge­hö­ri­gen Ver­kehrs­un­ter­neh­men haben 2003 zu­nächst ein pro­prie­tä­res Sys­tem zum Da­ten­aus­tausch von elek­tro­ni­schen Ti­ckets ein­ge­führt. Mit der suk­zes­si­ven Um­stel­lung auf den eTicket-​​Deutschland-Standard wurde die Mi­gra­ti­on auf das in­ter­ope­ra­ble Sperr­lis­ten­ver­fah­ren der VDV-​​Kernapplikation (zen­tra­ler Kontroll-​​ und Sperr­lis­ten­ser­vice KOSES) voll­zo­gen. Die elek­tro­ni­schen Ti­cket­sys­te­me des AVV und ein­zel­nen Teil­räu­men in West­fa­len nut­zen diese seit ihrer Ein­füh­rung. Dazu be­trei­ben die Pro­dukt­ver­ant­wort­li­chen (das sind vor allem die Ver­bün­de und Ta­rif­ge­mein­schaf­ten) ein so­ge­nann­tes PV-​​System (Sys­tem für Pro­dukt­ver­ant­wort­li­che), um die elek­tro­ni­schen Daten aus­zu­tau­schen. Das KCD hat eine Soft­ware für ein so­ge­nann­tes man­dan­ten­fä­hi­ges PV-​​System als Open-​​Source-Software ent­wi­ckelt (eTi­cketpv­ma­na­ger), die den EFM-​​Anwendern in NRW zur Ver­fü­gung ge­stellt wird. Der eTi­cketpv­ma­na­ger ist beim VRR und beim West­fa­len­Ta­rif im Ein­satz.

Seit 2010 wer­den auch Ti­ckets des NRW-​​Tarifs als elek­tro­ni­sche Ti­ckets nach VDV-​​Kernapplikation aus­ge­ge­ben (Abo-​​Tickets sowie Schö­nes­Jahr­Ti­cket NRW, Schö­ne60Ti­cket NRW und Se­mes­ter­Ti­cket NRW). Seit 2013 wer­den alle Ti­ckets, die mit einem 2D-​​Barcode ar­bei­ten, mit dem VDV-​​Standard ver­se­hen. 

In der Ver­gan­gen­heit haben die Pro­dukt­ver­ant­wort­li­chen jedes Ta­ri­fes die Um­set­zung von Ab­bil­dung und Kon­trol­le des Ta­rifs für ihren Ta­rif­raum fest­ge­legt. Mit dem Do­ku­ment „Ab­bil­dung und Kon­trol­le der Ta­ri­fe in NRW“ nach der VDV-​​​Kernapplikation hat das Kom­pe­tenz­cen­ter Mar­ke­ting NRW (KCM) in Zu­sam­men­ar­beit mit dem KCD 2019 eine ge­mein­sa­me Be­schrei­bung aller Ta­ri­fe in NRW er­stellt. Das Do­ku­ment wird re­gel­mä­ßig ak­tua­li­siert. Größ­ten­teils han­delt es sich um Ver­ein­ba­run­gen zur Ver­ein­heit­li­chung, die als mittel-​​ bzw. lang­fris­ti­ge Ziele de­fi­niert und bis­her nur in ei­ni­gen Ta­ri­fen um­ge­setzt sind.

3. Stufe (Elek­tro­ni­scher Fahr­schein mit Check-​In/Check-​Out oder Check-​In/Be-​Out):

Ei­ni­ge Pi­lot­pro­jek­te zur Er­pro­bung von Check-​​In/Check-​​Out Sys­te­men wur­den aus un­ter­schied­li­chen Grün­den ein­ge­stellt bzw. nicht in den Re­gel­be­trieb über­nom­men. So hat der Ver­kehrs­ver­bund Rhein-​​Sieg (VRS) ab No­vem­ber 1999 ein voll­stän­di­ges elek­tro­ni­sches Ti­cke­ting (Bar­fahr­aus­wei­se) mit einer kon­takt­lo­sen Prepaid-​​Karte (i-Ti) und au­to­ma­ti­scher Ra­bat­tie­rung in Köln/Bonn auf der Stadt­bahn­li­nie 16 ge­tes­tet. Das Sys­tem konn­te sich je­doch ins­be­son­de­re wegen Ak­zep­tanz­pro­ble­men bei der ma­nu­el­len An- und Ab­mel­dung in den Fahr­zeu­gen nicht durch­set­zen.

Von 2008 bis 2016 wurde von der Deut­schen Bahn AG das auf der VDV-​​Kernapplikation ba­sie­ren­de Pi­lot­pro­jekt Touch&Tra­vel mit Gül­tig­keit in allen DB-​​Fernzügen, in den Nah­ver­kehrs­zü­gen aus­ge­wähl­ter Re­gio­nen sowie in vie­len Ver­kehrs­ver­bün­den be­trie­ben. Das Ver­fah­ren ba­sier­te auf einem Check-​​In/Check-​​Out-Prinzip auf Basis von Mo­bil­te­le­fo­nen sowie einer Or­tung des Mo­bil­te­le­fons wäh­rend der Fahrt. Je nach ört­li­cher Si­tua­ti­on wur­den un­ter­schied­li­che Tech­no­lo­gien für den Check-​​In/Check-​​Out-Vorgang ge­nutzt (z. B. Aus­le­sen von so ge­nann­ten „Touch­points“ an Fahr­kar­ten­au­to­ma­ten mit ak­ti­vem Trans­pon­der und NFC-​​Technologie, Aus­wer­tung von 2D-​​Barcodelabels, Über­tra­gung der Stand­ort­ko­or­di­na­te des Nut­zers über Mo­bil­funk). Die Ab­rech­nung der Fahr­prei­se ent­spre­chend der Re­gel­ta­ri­fe der ein­be­zo­ge­nen Ver­kehrs­mit­tel er­folg­te über Last­schrift­ein­zug (post-​​paid). Das Pro­jek­te Touch&Tra­vel wurde 2016 sei­tens der DB be­en­det. Die Markt­for­schung habe er­ge­ben, dass Fahr­gäs­te im Nah­ver­kehr eine App mit In­for­ma­tio­nen und zu­sätz­li­chen Ser­vices er­war­ten, die nur von ihrem lo­ka­len Ver­kehrs­ver­bund/-​unternehmen an­ge­bo­ten wer­den könne. Den Ver­kehrs­ver­bün­den wurde das Check-​in/Check-​out-Tool für die In­te­gra­ti­on in ihren ei­ge­nen Apps an­ge­bo­ten.

Der Ver­kehrs­ver­bund Rhein-​​Ruhr hat eine Mach­bar­keits­stu­die er­stellt, die die Um­set­zungs­op­tio­nen der au­to­ma­ti­schen Fahr­preis­fin­dung ("EFM 3") im Ver­bund­ge­biet un­ter­sucht. Im Feld­ver­such „next­Ti­cket“ hat der VRR 2018 die Re­ak­tio­nen der Kund*innen auf die au­to­ma­ti­sche Fahr­preis­fin­dung ge­tes­tet. Der Check-​​​in/Check-​​​out-Vorgang fand über eine spe­zi­el­le Smartphone-​​​App statt. An­hand der von der App an das Hin­ter­grund­sys­tem über­mit­tel­ten In­for­ma­tio­nen wurde die zu­rück­ge­leg­te Route der Kund*innen mit­hil­fe der Fahr­plan­aus­kunft er­mit­telt. In einer ers­ten Phase er­folg­te die Ta­rif­be­rech­nung an­hand des heu­ti­gen Ta­rifs, d.h. die Fahr­ten wur­den als Ein­zel­Ti­ckets nach der VRR-​​​Preisstufung be­rech­net und im Rah­men einer Bestpreis-​​​Abrechnung am Mo­nats­en­de zu den Ta­rif­pro­duk­ten 4er-, 10er- oder 24-​​​StundenTicket zu­sam­men­ge­fasst. In Phase 2 fand eine leis­tungs­ab­hän­gi­ge Ta­rif­bil­dung mit einem Grund­preis sowie einem Leis­tungs­preis pro Ki­lo­me­ter bis zu einem Höchst­preis (ent­spricht einem Ein­zel­Ti­cket der Preis­stu­fe D) An­wen­dung. Für Viel­fah­rer wurde eine Ra­bat­tie­rung ge­währt, indem jede 5. Fahrt nicht be­rech­net wurde. Auf­bau­end auf den ge­won­ne­nen Er­fah­run­gen hat der VRR ab Mitte 2020 für rund zwei Jahre mit „next­Ti­cket 2.0“ einen elek­tro­ni­schen Tarif ge­tes­tet, bei dem der Preis nach Luftlinien-​​​Kilometern be­rech­net wurde.

Im Ver­kehrs­ver­bund Rhein-​​​Sieg ist mit dem Pi­lot­pro­jekt "VRS-​​eTarif" zwi­schen April 2019 und No­vem­ber 2021 ein elek­tro­ni­scher Tarif ge­tes­tet wor­den, bei dem der Ti­cket­preis über die Luft­li­ni­en­ent­fer­nung er­mit­telt wor­den ist. Der Check-​​​in/Check-​​​out-Vorgang er­folg­te über eine spe­zi­el­le Smartphone-​​​App. Der Fahr­preis setz­te sich aus einem Grund­preis pro Fahrt und einem Be­trag pro an­ge­fan­ge­nem Luftlinien-​​​Kilometer zu­sam­men. Im Pi­lot­pro­jekt lag der Ta­ges­höchst­preis bei 15 Euro. Die ent­stan­de­nen Kos­ten wur­den täg­lich ab­ge­rech­net.

Erste Er­fah­rung mit Smart­pho­ne ba­sier­ten Check-​​​in/Be-​​​out-Systemen mit au­to­ma­ti­scher Fahr­preis­fin­dung („EFM 3“) wur­den von nordrhein-​​​westfälischen Ver­kehrs­un­ter­neh­men ab 2015 ge­sam­melt. Im Rah­men des Pro­jek­tes „big bird“ fan­den in den Städ­ten Soest und Duis­burg in den Jah­ren 2015 und 2016 erste Feld­ver­su­che statt. Der Kreis Soest und die Re­gio­nal­ver­kehr Ruhr Lippe GmbH haben sich 2018 ent­schlos­sen, das in 2015 durch­ge­führ­te CiBo-​​​Projekt als „big bird West­fa­len“ wie­der auf­zu­grei­fen. Das Kern­ge­biet für das Pro­jekt bil­den die Krei­se Soest, Hoch­sauer­land und Unna, wo der Test auch aktiv be­wor­ben wird. Nutz­bar ist das Sys­tem aber in ganz West­fa­len im ge­sam­ten ÖPNV. Als ers­tes Pro­jekt in Deutsch­land wurde hier ein eTa­rif im Re­gel­be­trieb an­ge­bo­ten. Ent­wi­ckelt wor­den ist ein tech­ni­sches Sys­tem auf der Grund­la­ge des next­Ti­ckets, wel­ches 2018 im VRR ge­tes­tet wurde. Die ta­rif­li­che Grund­la­ge ist der West­fa­len­ta­rif mit Bestprice-​​​Abrechnung auf Mo­nats­ba­sis für Einzel-​​​, 4er und Ta­ges­ti­ckets.

An­fang 2021 haben die drei Ko­ope­ra­ti­ons­räu­me go.Rhein­land (vor­her Nah­ver­kehr Rhein­land, NVR), Ver­kehrs­ver­bund Rhein-​​​​Ruhr (VRR) und Nah­ver­kehr Westfalen-​​​​Lippe (NWL) den Auf­trag zur Ent­wick­lung eines ge­mein­sa­men Smart­pho­ne ba­sier­ten Ticketing-​​​​Systems Check-​​​​in/Be-​​​​out (CiBo) an die Firma Mentz ver­ge­ben. Das tech­ni­sche Sys­tem wurde als mo­du­la­re Lö­sung auf­ge­baut, die die Ver­kehrs­un­ter­neh­men in ihre ei­ge­nen An­ge­bo­te und Smartphone-​​​​Applikationen in­te­grie­ren kön­nen (zzt. ein­ge­setzt durch Ver­kehrs­un­ter­neh­men im VRR, in West­fa­len und im AVV). Der VRS greift für das NRW-​​​weite Ti­cke­ting auf ein Sys­tem zu­rück, dass be­reits ab 2019 im Rah­men einer Ent­wick­lungs­part­ner­schaft von VRS, den Köl­ner Verkehrs-​​​Betrieben (KVB) und dem Schwei­zer An­bie­ter Fair­tiq für das Pi­lot­pro­jekt "VRS-​​​eTarif" ent­stan­den ist.

Par­al­lel zur Rea­li­sie­rung der tech­ni­schen Sys­te­me haben die Ver­kehrs­ver­bün­de in NRW an der Ent­wick­lung elek­tro­ni­scher, Smart­pho­ne ba­sier­ter Ta­ri­fe ge­ar­bei­tet. Diese Ta­ri­fe sol­len zu­nächst Ge­le­gen­heits­kund*innen an­spre­chen. Ge­bün­delt durch die ÖPNV-​​Digitalisierungsoffensive NRW ist die lan­des­wei­te eTarif-​​​Lösung „eezy.nrw“ ent­stan­den, die seit De­zem­ber 2021 aktiv ist. Damit gibt es erst­mals in NRW einen ver­bun­d­über­grei­fen­den elek­tro­ni­schen Tarif für Bus und Bahn, bei dem Fahr­ten per App ge­bucht und per Luft­li­ni­en­ki­lo­me­ter ab­ge­rech­net wer­den. Die Sys­te­me von VRS und DB nut­zen für die Preis­be­rech­nung das KA-​​Tarifmodul von Fraunhofer-​​IVI aus Dres­den.

Das Deutsch­land­ti­cket ist im Mai 2023 als di­gi­ta­les Ti­cket auf den Nut­zer­me­di­en Chip­kar­te und Handy-​Ticket ein­ge­führt wor­den. Für den Ver­trieb als Handy-​Ticket kann der fäl­schungs­si­che­re Aus­ga­be­ka­nal Motics-​​Ticket (VDV-​​Barcode mo­bi­le+) oder der VDV-​​Barcode ver­wen­det wer­den. Hier­durch wird der An­teil der di­gi­ta­len Fahrt­be­rech­ti­gun­gen im deut­schen ÖPNV er­heb­lich stei­gen.

Elek­tro­ni­sches Ti­cke­ting ist auch im eu­ro­päi­schen Aus­land weit ver­brei­tet. Dabei sind die Aus­gangs­vor­aus­set­zun­gen und An­for­de­run­gen an das elek­tro­ni­sche Ti­cke­ting in den Län­dern viel­fach sehr un­ter­schied­lich. In den Nie­der­lan­den zum Bei­spiel hat die “OV-​​Chipkaart” die frü­he­re Strip­pen­kaart ab­ge­löst. Au­ßer­dem ist in den letz­ten Jah­ren ein ID-​​​​basiertes Ticketing-​System unter dem Namen “OVpay” ein­ge­führt wor­den, das zu­nächst für ge­le­gent­li­che Fahr­ten nutz­bar ist. Eine Aus­wei­tung auf an­de­re Nut­zer­grup­pen ist ge­plant. Fer­ner gibt es Pro­jek­te für grenz­über­schrei­ten­de eTicket-​​Lösungen.

Pro­ble­me und Auf­ga­ben


Die VDV eTi­cket Ser­vice GmbH & Co KG als Her­aus­ge­be­rin des (((eTicket-​​Deutschland, die DB und sechs Nah­ver­kehrs­ver­bün­de (HVV, RMV, VBB, VVO, VRR und VVS) haben auf der In­no­Trans 2010 mit der Wies­ba­de­ner Er­klä­rung eine ge­mein­sa­me Ver­pflich­tung zur Ein­füh­rung von (((eTicket-​​Deutschland als in­ter­ope­ra­blen Stan­dard für die groß­flä­chi­ge Rea­li­sie­rung des elek­tro­ni­schen Ti­ckets ab­ge­ge­ben. Dies stellt die Vor­aus­set­zung für eine kon­se­quen­te Fort­ent­wick­lung / Aus­rol­lung des EFM in grö­ße­ren Räu­men dar (z. B. ganze Bun­des­län­der). Al­ler­dings zeigt sich, dass der damit ver­bun­de­ne Zeit­auf­wand deut­lich grö­ßer ist als zuvor an­ge­nom­men.

Mit der VDV-​Kernapplikation setz­te der VDV zu An­fang der 2000er-​Jahre den Stan­dard für das elek­tro­ni­sche Fahr­geld­ma­nage­ment in Deutsch­land. Seit­dem wer­den Si­cher­heit, Per­for­mance, Kom­ple­xi­tät und Tech­no­lo­gie kon­ti­nu­ier­lich ver­bes­sert. Die Ver­si­on 3 des of­fe­nen Stan­dards unter dem neuen Namen (((eti­CO­RE liegt jetzt vor und wird ab 2026 zur An­wen­dung kom­men. Um die Zu­sam­men­ar­beit mit Ver­kehrs­un­ter­neh­men im be­nach­bar­ten Aus­land sowie mit in­ter­na­tio­na­len Sys­tem­ent­wick­lern zu ver­ein­fa­chen, er­scheint die kom­men­de Ver­si­on in eng­li­scher Spra­che. Das KCD in­for­miert dar­über, wel­che Ver­bes­se­run­gen und Her­aus­for­de­run­gen mit der Ein­füh­rung von (((eti­CO­RE ver­bun­den sind (Die VDV-​Kernapplikation wird zu (((eti­CO­RE).

Jüngs­te Pro­jek­te im EFM stüt­zen sich auf die Nut­zung von Smart­pho­nes zur Rea­li­sie­rung der au­to­ma­ti­schen An­we­sen­heits­er­fas­sung im Fahr­zeug (Be-In/Be-​​Out) ab. Smart­pho­nes sind weit ver­brei­tet und stel­len mit ihren ver­schie­de­nen draht­lo­sen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­no­lo­gien be­reits die not­wen­di­ge kun­den­sei­ti­ge In­fra­struk­tur zur Ver­fü­gung. Unter Ver­wen­dung des WLAN- oder Bluetooth-​​Standards könn­te sich hier ein all­tags­taug­li­cher Weg zur Rea­li­sie­rung der aus Sicht der Kund­schaft wün­schens­wer­ten au­to­ma­ti­schen An­we­sen­heits­er­fas­sung im Fahr­zeug ab­zeich­nen. Die Rea­li­sie­rung von Be-In/Be-​​Out-Systemen steht der­zeit in NRW nicht im Fokus. Die Tech­no­lo­gie bie­tet aber die Vor­aus­set­zung für ein funk­tio­nie­ren­des Check-​​In/Be-​​Out. Durch das ak­ti­ve Ein­che­cken be­stä­tigt der Fahr­gast den Be­ginn der Fahrt und wil­ligt somit in den Er­werb einer Fahrt­be­rech­ti­gung ein. Die au­to­ma­ti­sche Ab­we­sen­heits­er­fas­sung hat Vor­tei­le, da ein ak­ti­ver Check-​​Out häu­fig ver­ges­sen wird und damit zu einem hohen Nach­be­ar­bei­tungs­auf­wand führt.

Sys­tem­be­dingt wird bei Ver­fah­ren mit au­to­ma­ti­scher Fahr­preis­fin­dung der Rei­se­weg der Kund*innen er­fasst, ge­spei­chert und ver­ar­bei­tet. Da es sich hier­bei um sen­si­ble per­so­nen­be­zo­ge­ne bzw. per­so­nen­be­zieh­ba­re Daten han­delt, ist die Ein­hal­tung der ge­setz­li­chen Vor­ga­ben des Da­ten­schut­zes ein eben­so wich­ti­ger Rea­li­sie­rungs­bau­stein wie die an­spruchs­vol­le tech­ni­sche Rea­li­sie­rung des Ver­fah­rens.

Neben der Ent­wick­lung eines bun­des­weit ein­heit­li­chen EFM-​​​Systems darf nicht die eu­ro­päi­sche Ebene aus den Augen ver­lo­ren wer­den. Ins­be­son­de­re im grenz­über­schrei­ten­den ÖPNV blie­ben durch in­kom­pa­ti­ble Sys­te­me Chan­cen zum Abbau von Grenz­bar­rie­ren un­ge­nutzt. Um die ver­schie­de­nen na­tio­na­len Stan­dards mit­ein­an­der ver­ein­bar zu ma­chen, wur­den ver­schie­dent­lich For­schungs­pro­jek­te in­iti­iert, u.a das EU-​​​Projekt „In­ter­ope­ra­ble Fare Ma­nage­ment (IFM)“, „Eu­rope­an Tra­vel­lers Club (ETC)“, „Mo­bi­li­ty as a Ser­vice (MaaS4EU)“ oder „Easy Con­nect“.

Wäh­rend ein bis­he­ri­ger Ent­wick­lungs­schwer­punkt des eTi­cke­tings in Deutsch­land maß­geb­lich auf der tech­ni­schen Mach­bar­keit der Sys­te­me lag, wird in zu­künf­ti­gen Ent­wick­lungs­schrit­ten ver­mehrt die vertrieblich-​​​tarifliche Ak­zep­tanz der elek­tro­ni­schen Sys­te­me bei den Fahr­gäs­ten im Vor­der­grund ste­hen müs­sen. So muss sich für die Kund*innen ein ein­deu­ti­ger, leicht er­kenn­ba­rer Nut­zen er­ge­ben, damit das eTi­cke­ting brei­te Ak­zep­tanz fin­det. Man­geln­de Ak­zep­tanz der Kund­schaft stellt in­so­fern einen kri­ti­schen Pfad des elek­tro­ni­schen Ti­cke­tings ge­ra­de im Hin­blick auf die Stufe 3 dar (Elek­tro­ni­scher Fahr­schein mit Check-​In/Check-​Out oder Check-​In/Be-​Out). Bei­spiels­wei­se sind Son­der­an­ge­bo­te für den Frei­zeit­ver­kehr im Rah­men des heute üb­li­chen „Fen­cings“ zwi­schen den Ver­kehrs­märk­ten zur Ab­schöp­fung un­ter­schied­li­cher Zah­lungs­be­reit­schaf­ten bei einer au­to­ma­ti­sier­ten Fahr­preis­er­fas­sung nur noch sehr ein­ge­schränkt um­setz­bar. Für Ge­le­gen­heits­nut­zen­de stellt ein spe­zi­el­les Zu­gangs­me­di­um („Chip­kar­te“) eine Bar­rie­re dar. Er­fah­run­gen aus den Nie­der­lan­den zei­gen, dass die Re­ak­tio­nen der Fahr­gäs­te er­heb­lich sein kön­nen, wenn eine sol­che Karte für die ÖV-​​​Nutzung mehr oder min­der zwin­gend vor­aus­ge­setzt wird.

Es muss ein Kom­pro­miss zwi­schen den Fahr­gast­an­sprü­chen und den Be­dürf­nis­sen der Ver­kehrs­un­ter­neh­men ge­fun­den wer­den. Die Mi­gra­ti­on zum elek­tro­ni­schen Ti­cke­ting er­for­dert hohe In­ves­ti­ti­ons­kos­ten, die sich erst lang­fris­tig aus­zah­len (z. B. durch ge­rin­ge­re Ver­triebs­kos­ten, we­ni­ger Bar­geld­hand­ling, Fäl­schungs­si­cher­heit, Sperr­bar­keit von Ti­ckets), und ist daher für die Ver­kehrs­un­ter­neh­men mit einem hohen fi­nan­zi­el­len Ri­si­ko ver­bun­den. Auf der an­de­ren Seite macht es die Ein­füh­rung des elek­tro­ni­schen Ti­cke­tings mög­lich, neue leis­tungs­ge­rech­te und at­trak­ti­ve Ta­ri­fe zu ent­wi­ckeln, die z. B. eine au­to­ma­ti­sier­te Fahr­preis­fin­dung und Best-​​Price-Regelungen zu­las­sen. Zudem las­sen sich so­wohl die er­for­der­li­che Ta­rif­kennt­nis re­du­zie­ren als auch der Fahr­aus­wei­s­er­werb ver­ein­fa­chen und ver­ein­heit­li­chen.