Elektronische Auskunftssysteme gibt es im NRW-Nahverkehr seit 1990. Die Fahrgäste informieren sich über das Smartphone oder den Computer über Fahrtverbindungen im ÖPNV.
Die elektronische Fahrplanauskunft hat sich in den vergangenen Jahren zum mit Abstand wichtigsten ÖPNV-Auskunftsmedium entwickelt: auf diese Weise lassen sich beispielsweise Fahrtverbindungen zu Adressen oder wichtigen bzw. interessanten Zielen suchen (so genannten POI), bei Verbindungsvorschlägen können auch weitergehende Informationen (z. B. Fahrpreise, Kartendarstellung des Reisewegs) angezeigt werden, Verspätungen oder Betriebsstörungen können berücksichtigt werden.
Hier geht es zur Fahrplanauskunft für den ÖPNV in NRW.
Ausgangslage
Im NRW-Nahverkehr werden je nach Kooperationsraum unterschiedliche Fahrplanauskunftssysteme eingesetzt. Auf diese Systeme kann jeweils online über die Internetseiten oder die Smartphone-Anwendungen (Apps) der jeweiligen Systembetreiber (Verkehrsunternehmen, Verkehrsverbünde oder Aufgabenträger) zugegriffen werden.
Je nach abgefragter Verbindung werden Informationen aus verschiedenen Verkehrsräumen benötigt. Im Rahmen des im Jahr 2000 gestarteten Projekts „Die schlaue Nummer für Bus und Bahn” sind für Verbindungsanfragen innerhalb von NRW die dafür erforderlichen technischen, organisatorischen und finanziellen Rahmenbedingungen geschaffen worden. Diese Datengrundlage steht den ÖPNV-Kooperationsräumen in NRW zur Übernahme in die jeweils regional verwendeten Auskunftssysteme zur Verfügung (Datenpooling im ÖV-Datenverbund).
Grundlage für die elektronischen Auskunftssysteme sind große Datenbanken, in denen die Informationen über Haltestellen, Linien, Fahrpläne etc. der einzelnen Verkehrsunternehmen abgelegt sind. Im Rahmen der Weiterentwicklung wurden die Systeme um das Routing von und zur Haltestelle (Fußweg), um kartengestützte Suchfunktionen oder um Preisberechnungen ergänzt. Zur Realisierung dieses Zusammenspiels – beispielsweise zwischen ÖV-Routensuche (Fahrtabschnitt mit Bahnen und Bussen) und individueller Routensuche (Fußweg von und zur Haltestelle) – ist eine komplexe Datensteuerung und Datenverknüpfung zwischen verschiedenen Berechnungsmodulen notwendig wie
- ÖV-Routensucher
Kern des Auskunftssystems, der die Verbindungen von Haltestelle zu Haltestelle ermittelt. Grundlage: Liniennetz mit Haltestellenkoordinaten, Fahrplan, Umstiegsattribute, - IV-Routensucher
Suchalgorithmus, der auf Basis elektronischer Karten die (Fuß-)Wege von und zur Haltestelle berechnet. Grundlage: Wegenetz, georeferenzierte Adressdaten und interessante/wichtige Orte, sog. Points of Interest/POI, - Kartenserver
stellt die für die Ergebnisdarstellung erforderlichen elektronischen Karten bereit, - Tarifberechnung
ermittelt den Fahrpreis für die im Modul ÖV-Routensucher gewählte ÖV-Route. - Vertriebssystem
erstellt den auf Grundlage des Auskunftsergebnisses ermittelten Fahrausweis und führt den Vertriebsvorgang online durch.
Die Komplexität dieses Zusammenspiels zeigt die folgende Abbildung:
Die Verbindungsanfrage kann im Auskunftssystem auf verschiedene Arten erfolgen:
- klassisch unter Angabe der Start- und Zielhaltestelle,
- adressscharf unter Angabe der Start- und/oder Zieladresse,
- durch Angabe eines wichtigen Ortes wie z. B. Behörde, Freizeiteinrichtung, Bildungseinrichtung (so genannter "point-of-interest", POI),
- mittels Markierung von Start- und Zielpunkt oder auch Haltestellen in einer digitalen Karte, wenn Adresse oder Haltestellenname zwar in räumlicher Lage, aber nicht namentlich bekannt sind.
Durch die abschließende Verknüpfung des gesamten Routensuchergebnisses mit den digitalen Karten eines Kartenservers (Georeferenzierung) ist neben der tabellarischen Anzeige der Suchergebnisse inklusive Tarifauskunft auch eine grafische Anzeige des gesamten Reisewegs möglich. Hierdurch erhält der Fahrgast eine optische Führung (z. B. wichtig für Fußwege) und eine räumliche Information zur Fahrtverbindung (z. B. wichtig für die visuelle Überprüfung des ermittelten Ergebnisses). Die in NRW eingesetzten Fahrplanauskunftssysteme verwenden die Kartengrundlage OpenStreetMap zur grafischen Darstellung der Auskunftsergebnisse.
Neben den Soll-Fahrplandaten nutzen die in NRW eingesetzten Fahrplanauskunftssysteme auch Ist-Fahrplandaten für die Routensuche. Bei unmittelbar bevorstehenden Fahrten gibt das Auskunftssystem im Falle von Verspätungen ein entsprechend modifiziertes Ergebnis aus. Nähere Informationen siehe Dynamische Fahrgastinformation.
Auskunftssysteme in den Kooperationsräumen in NRW
Einsatzraum* | Auskunftssystem |
---|---|
Rhein-Ruhr | EFA |
Rhein-Sieg | ASS |
Aachen | HAFAS |
Westfalen | EFA |
Deutsche Bahn | HAFAS |
Um die in den einzelnen Auskunftssystemen regional bereits differenziert vorliegenden Informationen für den Internetauftritt „mobil.nrw“ zu nutzen, wurde eine Fahrplanauskunft realisiert, die abhängig vom Fahrtwunsch der Kund*innen jeweils das bestgeeignete regionale Auskunftssystem in NRW anfragt und das Auskunftsergebnis im einheitlichen Erscheinungsbild zurück an die Anfragenden gibt („NRW-SuchKontroller“).
Um Nutzer*innen bundesweit über den gesamten Reiseweg informieren zu können, steht seit 2004 DELFI (Durchgängige ELektronische FahrplanInformation) bundesweit zur Verfügung. Hierzu werden die von Verkehrsunternehmen bzw. Verkehrsverbünden lokal erzeugten Fahrplandaten auf Landesebene zusammengeführt. Für NRW nimmt die Zentrale Koordinierungsstelle im ÖV-Datenverbund beim VRR diese Funktion wahr. Die Daten werden anschließend an die DELFI-Integrationsplattform weitergeleitet, die die Daten aus den Bundesländern sowie Daten anderer Verkehrsarten und Verkehrsmittel (z.B. Fernverkehr Bus und Schiene) zum deutschlandweit routingfähigen DELFI-Datensatz zusammenführt. Der DELFI-Datensatz wird anschließend an die Landesauskunftssysteme verteilt.
Auf europäischer Ebene verpflichtet die “Delegierte Verordnung (EU) 2017/1926” alle Mitgliedsstaaten, einen nationalen Zugangspunkt (National Access Point) zu schaffen, über den elektronische Daten der öffentlichen und individuellen Verkehrssysteme bereitgestellt werden können. Ziel der Verordnung ist die Förderung multimodaler Reiseinformationsdienste in Europa, damit Reisende auch grenzüberschreitend mit multimodalen, hochwertigen und durchgängigen Reiseinformationen versorgt werden können. Als National Access Point fungierte in Deutschland zunächst der Mobilitätsdatenmarktplatz (MDM). Seit Mitte 2022 bietet das Bundesverkehrsministerium einen neuen zentralen Zugang zu Mobilitätsdaten an: die „Mobilithek“ löst das OpenData-Portal mCLOUD und den MDM ab. Beispielsweise publiziert DELFI e.V. Fahrplansoll- und Istdaten des ÖPNV über die Mobilithek.
Im September 2021 ist die Mobilitätsdatenverordnung in Kraft getreten. Auf der Grundlage des Gesetzes zur Modernisierung des Personenbeförderungsrechts vom 16. April 2021 konkretisiert die Mobilitätsdatenverordnung die Bereitstellungspflicht von Daten der Mobilitätsanbieter an den National Access Point. Geregelt werden die technischen Vorgaben an die Bereitstellung von statischen Daten im Linienverkehr, die Datenweitergabe und die zu verwendenden Datenformate sowie die Zusammenarbeit mit dem National Access Point. Mit einer Änderungsverordnung der Mobilitätsdatenverordnung wird seit Juli 2022 die Pflicht für Verkehrsunternehmen nach dem Personenbeförderungsgesetz konkretisiert, dynamische Daten im Linien- und Gelegenheitsverkehr zur Verfügung zu stellen. Dies betrifft Daten von Taxen, Mietwagen, Poolingfahrzeugen und ÖPNV.
Informationskanäle
Neben der Fahrplanauskunft über den Internetbrowser auf Desktop-Rechnern oder Laptops besitzt die Verbindungsabfrage über mobile Endgeräte (v.a. Smartphones, Tablet-Computer) besonders hohe Bedeutung.
Für Smartphones oder Tablet-Computer mit den verbreiteten Betriebssystemen Android und Apple iOS stehen Apps aller Verkehrsverbünde und vieler Verkehrsunternehmen zur Verfügung, um Online-Auskünfte und weitere Dienste auf mobilen Endgeräten abzufragen. Die App "mobil.nrw" bietet eine landesweite Fahrplanauskunft und den Vertrieb von Tickets des NRW-Tarifs sowie aller Verbundtarife (AVV, VRR, VRS und WestfalenTarif).
Die technischen Möglichkeiten der mobilen Endgeräte unterstützen zusätzliche Funktionen der Apps wie z. B. die Suche nach Haltestellen im Umfeld über die Geolokation des Smartphones oder die aktive Information der Fahrgäste („Push-Nachricht“) bei Verspätungen der ausgewählten Fahrplanverbindung.
Akteure
In Deutschland haben sich mehrere Hersteller von elektronischen Auskunftssystemen etabliert. Dies sind u.a.: Hacon mit dem Auskunftssystem HAFAS u.a. im Einsatz bei Deutsche Bahn und im AVV, MENTZ mit EFA u.a. im VRR und Westfalen, HBT mit Geofox im HVV und Ingenieurgruppe IVV mit ASS im VRS und VRM.
Probleme und Aufgaben
Mit größer werdenden Datenpools (allein in Nordrhein-Westfalen gibt es etwa 49.000 Haltestellen) steigen die Anforderungen an die Haltestellenauflösung oder Objektsuche. Hiermit wird der Prozess bezeichnet, bei dem die in eine Suchmaske eingegebene Zeichenfolge in die „richtige“ Haltestelle im Datenbestand umgesetzt wird. Trotz Einsatzes der Ajax-Suche (Anzeige von möglichen Treffern direkt nach Eingabe durch den Nutzer) tun sich die Suchmasken der Auskunftssysteme häufig schwer mit der Ermittlung von aus Kundensicht sinnvollen Treffern. Zur Lösung der Problematik werden Priorisierungsverfahren eingesetzt, die naheliegende Treffer zuerst präsentieren. Solche Verfahren nutzen die Häufigkeit der Haltestellenbedienung (Anzahl Abfahrten) bzw. die räumliche Distanz zu vorhergehenden Anfragen.
Der landesweite Austausch von Ist-Fahrplandaten gestaltet sich aufgrund der großen Datenmengen deutlich schwieriger als der Austausch von Soll-Daten. Hierzu werden zzt. Optimierungsmöglichkeiten erarbeitet (ÖV-Datenverbund).
Durch das Handy-Ticket oder das Online-Tickets zum Selbstausdruck (Handy- und Online-Tickets) stehen Online-Vertriebswege für sehr viele Fahrausweise zur Verfügung. Im Regelfall sind diese auch mit der Fahrplanauskunft verknüpft, so dass unmittelbar aus der Auskunft der Kaufprozess gestartet werden kann. Vielfach bestehen hier aber noch Einschränkungen, so dass bestimmte Produkte nicht online erworben werden können. Die Lösung dieser Frage stellt eine dringende Aufgabe der Verkehrsunternehmen dar.
Um die Bedürfnisse sensorisch und mobilitätseingeschränkter Personen zu berücksichtigen, ist die Integration von Informationen zur Barrierefreiheit in Fahrplanauskunftssystemen von großer Bedeutung. Die flächendeckende und aktuelle Erfassung von Daten wie z.B. zum Einsatz von Niederflurfahrzeugen oder zur Existenz von Fahrtreppen und Aufzügen inkl. Störungsinformationen und deren Integration in die Auskunftssysteme stellt zzt. vielerorts noch eine Herausforderung dar.
Informationen zur Auslastung der Fahrzeuge bieten die Möglichkeit, das Reiseverhalten auf die Auslastung bestimmter Fahrten abzustimmen und gezielt überfüllte Verkehrsmittel zu vermeiden. Im Projekt „Auslastungsinformationen in der Fahrplanauskunft“ der Digitalisierungsoffensive NRW werden Lösungen erarbeitet, die sicherstellen sollen, dass diese Informationen zukünftig NRW-weit ausgetauscht und den Fahrgästen zur Verfügung gestellt werden.
Um die spezifischen Vorzüge unterschiedlicher Verkehrsmittel besser zu kombinieren, ist die Berücksichtigung intermodaler Verbindungen auch in den Auskunftssystemen wünschenswert (z. B. ÖPNV kombiniert mit P+R, CarSharing, BikeSharing oder Taxi). Bisherige Arbeiten haben jedoch gezeigt, dass die Kriterien der Kund*innen für die intermodale Verkehrsmittelwahl sehr zahlreich und individuell sind, so dass bisherige Verfahren und die Datenverfügbarkeit oft nur suboptimale Ergebnisse liefern. Aus diesem Grund haben sich intermodale Auskünfte bislang kaum in den ÖPNV-Auskunftssystemen durchsetzen können.
Im Rahmen der Digitalisierungsoffensive NRW ist im Teilprojekt „Multimodale Auskunft NRW – Multimodale Drehscheibe NRW“ ein Hintergrundsystem erstellt worden, in der multimodale Mobilitätsdaten zusammengeführt werden sollen und über einen Zugangspunkt erreichbar sind. Die Multimodale Drehscheibe NRW (MDD NRW) greift hierfür auf die vorhandenen Systeme und Schnittstellen der Verkehrsverbünde, Verkehrsunternehmen, Kommunen und privaten Mobilitätsanbieter zu und verknüpft die Daten. Es werden sowohl Daten der unterschiedlichen Mobilitätsanbieter (z. B. ÖPNV, Sharing-Angebote) als auch Daten zur Infrastruktur und Daseinsfürsorge (z. B. Haltestellenausstattung, Barrierefreiheit, Points of Interest) integriert. Der ÖPNV-Branche, Kommunen sowie Landesgesellschaften stehen dann Daten für Auskunfts- und Informationszwecke sowie für die Mobilitätsplanung zur Verfügung. Nach einer Testphase ist die MDD NRW seit April 2024 im Produktivbetrieb. Je mehr Datenlieferanten sich beteiligen, desto umfangreicher wird die Datenbasis werden. Der MDD NRW wird vom VRS umgesetzt und der ÖV-Datenverbund NRW eng bei der Initiierung, Realisierung und gemeinsamen Verstetigung beteiligt.
Der Internet-Konzern Google verfügt mit „Google Transit“ über eine standardisierte Datenschnittstelle für die Integration von ÖV-Fahrplandaten in sein Routensuch-Tool „Google Maps“. Mehrere Verkehrsunternehmen und Verbünde in Deutschland liefern ihre Daten bereits über Schnittstellen an den Google-Konzern. Durch die Präsenz der Fahrplaninformationen in einem für die Pkw- und Fußgängernavigation weit verbreiteten Tool wird die ÖV-Alternative auch für Nicht- oder Selten-Nutzende schnell sichtbar. Allerdings ist das Datenmodell von Google Transit zzt. recht einfach gestaltet, so dass die differenzierte Auskunftsqualität der in NRW eingesetzten Auskunftssysteme nicht erreicht wird. Die Auskunft von Echtzeitdaten und temporären Fahrplanänderungen ist durch die Erweiterung „Google Transit Realtime“ möglich.