Viele rot-weiße Bürgerbusse der Stadt Münster stehen aufgereiht vor der Kirche St. Paulus.
Foto: Pro Bürgerbus NRW e.V.

Bürgerbus

Ver­öf­fent­licht am

Bürger fahren für Bürger! So lautet das Prinzip Bürgerbus, das in Nordrhein-Westfalen besonders erfolgreich ist.

In den Bürgerbus-​Vereinen engagieren sich Menschen ehrenamtlich für den öffentlichen Nahverkehr. Sie sichern dort Mobilität, wo ein regelmäßiger Linienverkehr wirtschaftlich nicht tragbar ist, etwa in ländlichen Regionen und Stadtrandlagen oder zu Zeiten außerhalb des Berufsverkehrs. Dabei ist der Bürgerbus ein fester Bestandteil des öffentlichen Personennahverkehrs und ergänzt das reguläre Bus- und Bahnangebot.

Getragen und finanziert werden die einzelnen Bürgerbusprojekte durch die jeweilige Kommune, ein betreuendes Verkehrsunternehmen und das Verkehrsministerium des Landes Nordrhein-Westfalen. Der Verein „Pro Bürgerbus NRW e.V.“ koordiniert den Informationsaustausch zwischen den Bürgerbusvereinen in NRW sowie mit dem Verkehrsministerium. Außerdem berät er Bürgerbusvereine und unterstützt neue Bürgerbus-Projekte.

Ausgangslage


Unter dem Motto „Bürger fahren für Bürger“ starteten Mitte der 80er Jahre sechs Bürgerbus-​Modellvorhaben in NRW: So fuhr 1985 der erste Bürgerbus Nordrhein-​Westfalens in den münsterländischen Gemeinden Legden und Heek. Weitere Projekte wurden in Emmerich, Heimbach, Kalletal, Schalksmühle und Vreden realisiert. Die Erfahrungen aus den Pilotprojekten waren positiv: Alle sechs Bürgerbusse konnten den Fahrbetrieb meistern, Schalksmühle sogar kostendeckend. Damit wurde der Nachweis geführt, dass sich der Bürgerbus als sinnvolle Ergänzung zum Linienverkehr eignet. Die kontinuierlich wachsende Zahl der Projekte bestätigt dieses Ergebnis.

In NRW gibt es derzeit rund 150 Bürgerbusvereine, in denen sich ca. 3.500 aktive Bürgerbusfahrer*innen ehrenamtlich engagieren. Jedes Jahr werden neue Bürgerbusvereine gegründet. Entsprechend der Verkehrsaufgabe von Bürgerbussen sind die Projekte vorwiegend in kleinen oder mittleren Kommunen außerhalb der Ballungsräume anzutreffen. Eine aktuelle Übersicht der Bürgerbus-Vereine in NRW sowie ausführliche Informationen zu Einrichtung und Betrieb von Bürgerbussen finden sich auf der Webseite des Vereins Pro Bürgerbus NRW e.V.

Die Idee des Bürgerbusses stammt ursprünglich aus Großbritannien. Hier wurde der erste „Community Bus“ 1973 aus der Taufe gehoben. Über die Niederlande, wo ab Mitte der 70er Jahre in Pilotprojekten sogenannte „Buurtbussen“ (Nachbarschaftsbusse) eingeführt wurden, setzte sich die Idee bis nach NRW fort.  Das niederländische Organisationsmodell stand auch Pate bei der Einführung der ersten Bürgerbusse in NRW.

Über Nordrhein-Westfalen hinaus hat sich die Bürgerbusidee in Deutschland weiterverbreitet. Bundesweit sind derzeit rund 500 Bürgerbusse in Betrieb. Hessen, Rheinland-​Pfalz, Niedersachsen und Baden-​Württemberg verfügen hinter NRW über die nächst größere Anzahl an Bürgerbus-Projekten. Die hohe Anzahl der Bürgerbusse in NRW belegt, dass das Organisations- und Finanzierungskonzept in NRW besonders erfolgreich ist.

Akteure


Seit der Novellierung des ÖPNVG NRW zum 1. Januar 2008 ist die Förderung von Bürgerbusprojekten gesetzlich verankert (§14 ÖPNVG NRW). Das Verkehrsministerium NRW unterstützt die Vereine zzt. mit einer jährlichen Organisationspauschale von 6.500 Euro (bei Anwendung eines Inseltarifs) bzw. von 7.500 Euro (bei Anwendung eines Verbundtarifs oder des NRW-Tarifs). Die Anschaffung eines Fahrzeugs wird mit einem Festbetrag gefördert. In Abhängigkeit von der Fahrzeugausstattung, des Antriebs und des angewendeten Tarifs liegt der Festbetrag bei Erstfahrzeugen bei mindestens 41.000 Euro bis maximal 84.000 Euro, bei Folgefahrzeugen bei mindestens 35.000 Euro bis maximal 77.000 Euro. Eine zusätzliche Förderung wird bei Elektroantrieben gewährt. Die Bezirksregierungen sind die Bewilligungsbehörde für die Organisationspauschale und die Fahrzeugförderung. Konkrete Einzelheiten sind insbesondere in den Verwaltungsvorschriften zur Durchführung des ÖPNVG NRW (VV-ÖPNVG) enthalten.

In Bürgerbus-Projekten vereinen sich die Interessen von Bürger*innen, Kommunen und öffentlichen Verkehrsunternehmen. Die Umsetzung der Idee des Bürgerbusses ist abhängig von der konstruktiven Kooperation aller Beteiligten:

  • Für einen langfristigen Betrieb müssen ausreichend viele ehrenamtliche Fahrer*innen aus der Bürgerschaft gefunden werden, die bereit sind, den Bürgerbus in ihrer Freizeit zu steuern.

  • Die Bereitschaft der Kommune, das Projekt zu unterstützen, ist ebenfalls Voraussetzung. Dies beginnt mit organisatorischen Hilfestellungen bei der Beantragung der Fördermittel und schließt die Übernahme eines Defizits ein. In der Regel finanziert sich der Bürgerbus aus Fahrgeld- und Werbeeinnahmen. Nicht zuletzt braucht der Verein einen permanenten Ansprechpartner in der Verwaltung, der das Bürgerbus-Vorhaben begleitet.

  • Das kommunale Verkehrsunternehmen unterstützt den Bürgerbus durch seine Fachkompetenz, z. B. bei der Erarbeitung des Linienweges und des Fahrplans. Es ist als Konzessionsnehmer für die Sicherheit des Fahrbetriebs verantwortlich und übernimmt die Verantwortung für das Fahrzeug.

Im Herbst 1999 gründeten Aktive aus verschiedenen Bürgerbusvereinen den Verein Pro Bürgerbus NRW e.V. Ziel des Vereins ist u.a. der Informationsaustausch zwischen den Bürgerbusvereinen in NRW sowie die Unterstützung von neuen Bürgerbus-Projekten durch Vermittlung von Informationen und Kontakten zu benachbarten oder beratenden Bürgerbusvereinen. Mitglieder von Pro Bürgerbus NRW e.V. sind neben lokalen Bürgerbusvereinen auch zahlreiche Kommunen und Verkehrsunternehmen. Das Verkehrsministerium NRW unterstützt den Verein durch eine Organisationspauschale bei der Durchführung seiner Geschäfte.

Probleme und Aufgaben


Mit dem in Nordrhein-​Westfalen gefundenen Konzept stehen die Bürgerbusse auf sicheren Füßen. Dazu tragen sowohl die hohe Leistungsbereitschaft der Mitglieder der Bürgerbusvereine sowie der Fahrer*innen als auch das Engagement aller übrigen Beteiligten bei. Das mittelfristige Ziel, dass jede kleine oder mittlere Stadt/Gemeinde zumindest über einen Bürgerbus verfügen könnte, scheint erreichbar.

Seit Anfang der Jahres 2023 fördert das Land NRW die Einführung von bedarfsgesteuerten Bürgerbusverkehren als Pilot- bzw. Einzelmaßnahmenförderung nach §14 ÖPNVG. Ziel ist eine Verbesserung der Effizienz der Fahrzeugnutzung und die Vermeidung von Leerfahrten. Die Förderung deckt Initialkosten für Hardware- und Softwareanschaffungen einschließlich Einrichtungskosten ab und erfolgt als Vollfinanzierung bis zum Höchstbetrag von 10.000 EUR pro Bürgerbusvorhaben. Ob die Umstellung auf ein bedarfsgesteuertes Bürgerbus-Angebot erfolgreich ist, soll anhand der Fahrgastzahlen vor der Umstellung und ein Jahr nach der Umstellung ermittelt werden.