Seit 1. Mai 2023 gibt es das Deutschland-Ticket (D-Ticket). Der Abo-Fahrausweis zum Monatspreis von 49 € wird auf allen Angeboten des öffentlichen Nahverkehrs in Deutschland als Fahrtberechtigung anerkannt.
Das Deutschland-Ticket knüpft an den Erfolg des 9-Euro-Tickets an, das im Sommer 2022 für drei Monate befristet angeboten wurde. Als dauerhaftes Angebot soll das Deutschland-Ticket einerseits die Bürger*innen finanziell entlasten. Andererseits soll das Ticket die Attraktivität des ÖPNV deutlich erhöhen, einen stärkeren Anreiz zum Umstieg vom Auto auf Bus und Bahn setzen und somit dazu beitragen, die Klimaziele zu erreichen.
Ausgangslage
Der Einführung des Deutschland-Tickets geht ein Beschluss des Koalitionsausschusses auf Bundesebene im September 2022 voraus, ein weiteres Maßnahmenpaket zur Sicherung einer bezahlbaren Energieversorgung und zur Stärkung der Einkommen auf den Weg zu bringen.
Auf der Verkehrsministerkonferenz (VMK) im Oktober 2022 haben Bund und Länder wesentliche Eckpunkte für ein Nachfolgeangebot zum 9-Euro-Ticket vereinbart und sich auf die schnellstmögliche Einführung eines digitalen, deutschlandweit gültigen Deutschland-Tickets für den ÖPNV zu einem Einführungspreis von 49 Euro pro Monat verständigt. Bund und Länder stellen dafür jeweils 1,5 Mrd. Euro jährlich zur Verfügung. Darüber hinaus kommt der Bund der grundsätzlichen Forderung der Länder nach einer Erhöhung der Regionalisierungsmittel nach: er stellt ab dem Jahr 2022 eine Milliarde Euro jährlich zusätzlich zur Verfügung und hebt die Dynamisierung ab 2023 auf 3,0 Prozent an.
Im Vorfeld des Vertriebsstarts des Deutschland-Tickets im April 2023 erfolgte die Zustimmung des Bundestags und Bundesrats zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes zur Finanzierung des Deutschland-Tickets in den Jahren 2023 bis 2025. Mit der EU-Kommission erfolgten Abstimmungen über die Beihilferelevanz. Auch die ausformulierten Tarifbestimmungen für das Deutschland-Ticket wurden beschlossen. Um möglichst viele Kund*innen von Beginn an zu erreichen, wurden Vertrieb, Marketing und Evaluation für das Deutschland-Ticket von den Branchenverbänden, Aufgabenträgern und Verkehrsunternehmen bestmöglich vorbereitet und abgestimmt. Weiterhin wurden Vereinbarungen zum künftigen Einnahmeaufteilungsverfahren getroffen.
So ist das Deutschland-Ticket gestaltet:
- Preis: 49 € (Einführungspreis), ab 01.01.2025 pro Monat 58 € im Jahresabo
- Produktgattung: Abo-Produkt (monatlich kostenfrei kündbar)
- Geltungsbereich: Das Deutschland-Ticket gilt im gesamten ÖPNV-Angebot in der Bundesrepublik Deutschland. Im Ausland liegende Strecken können mit dem Deutschland-Ticket grundsätzlich befahren werden, wenn sich das Tarifgebiet des jeweiligen Verbundes/Unternehmens auf das im Ausland liegende Gebiet erstreckt. Von der Gültigkeit des Deutschland-Tickets ausgenommen ist der Fernverkehr.
- Vertriebsweg: Das Deutschland-Ticket wird als digitales Ticket ausgegeben. Als Speichermedien dienen Chipkarten oder Smartphones.
- Wagenklasse: Das Deutschland-Ticket wird nur für die 2. Klasse angeboten. Ein Übergang in die 1. Klasse ist innerhalb der Geltungsbereiche von Verbünden, Landestarifen und des Deutschland-Tickets nach den jeweiligen Tarifbestimmungen möglich. Seit dem 1. Juli 2023 wird z. B. im NRW-Tarif ein Abonnement für die Nutzung der 1. Wagenklasse angeboten, mit dem in Kombination mit einem Deutschland-Ticket in ganz NRW der Zugang zur 1. Klasse möglich ist (NRWupgrade1.Klasse).
- Personenmitnahme: Die Mitnahmeregelung schließt ausschließlich Kinder unter 6 Jahren ein.
- Übertragbarkeit: Im Gegensatz zu verschiedenen vorhandenen Abo-Angeboten ist das Deutschland-Ticket nicht übertragbar.
Akteure
Die Umsetzung des Deutschland-Tickets ist eine organisatorische, rechtliche und finanztechnische Herausforderung und nur als Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern, Kommunen, Aufgabenträgern und Verkehrsunternehmen zu lösen.
Auf Länderebene dient die Verkehrsministerkonferenz (VKM) dem gegenseitigen Informations- und Erfahrungsaustausch, um gemeinsames politisches Handeln im eigenen Bereich oder gegenüber dem Bund festzuschreiben. Hier werden auch die Diskussionen zum Deutschland-Ticket geführt und Beschlüsse gefasst. Die VKM hat zur Begleitung der Umsetzung des Deutschland-Tickets eine Bund-/Länder-Arbeitsgruppe (Koordinierungsrat) aus Vertreter*innen des Bundesverkehrsministeriums, des Bundesfinanzministeriums und der Verkehrsministerien der Länder eingerichtet, an der die kommunalen Spitzenverbände und die Branchenvertreter (Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen (BDO), der Bundesverband SchienenNahverkehr (BSN) und die Deutschlandtarifverbund GmbH) beratend teilnehmen.
Probleme und Aufgaben
Ein Jahr nach seiner Einführung besitzen rund 11,2 Mio. Menschen ein Deutschland-Ticket. In NRW ist das Deutschland-Ticket im Mai 2023 mit rund 1,5 Millionen verkauften Tickets gestartet. Seitdem ist die Zahl der Abonnent*innen auf rund drei Millionen gestiegen. Der Anstieg ist insbesondere auf die Einführung des Deutschlandticket Schule ab August 2023 und des Deutschland-Ticket für Studierende ab April 2024 zurückzuführen. Derzeit sind rund eine halbe Million Abonnenten des Deutschland-Tickets Schüler*innen und über eine halbe Million Studierende.
Der finanzielle Rahmen für das Deutschland-Ticket wurde anfangs mit 3 Mrd. Euro pro Jahr veranschlagt, die hälftig von Bund und Ländern zur Verfügung gestellt werden. Im Jahr 2023 wurde dieser Betrag jedoch nicht vollständig benötigt. Bund und Länder haben daher beschlossen, die restlichen Finanzierungsmittel für das Deutschland-Ticket aus 2023 auf das Jahr 2024 zu übertragen.
In einer Sonder-Verkehrsministerkonferenz im Januar 2024 haben die Bundesländer einstimmig beschlossen, dass der Preis von 49 Euro monatlich für das Deutschlandticket für das gesamte Jahr 2024 bestehen bleiben soll. Das Gremium stellte fest, dass nach aktuellen Prognosen die von Bund und Ländern zur Verfügung gestellten Mittel auch ohne eine Anhebung des Ticketpreises im Jahr 2024 ausreichen werden. Voraussetzung ist die Übertragung der nicht verausgabten Mittel aus dem Jahr 2023. Die Verkehrsministerkonferenz weist auf die hohe Bedeutung der Verstetigung und Verlässlichkeit des Ticketangebots hin und den unmittelbaren Zusammenhang mit der Akzeptanz dieses Tarifangebots, um viele neue Kund*innen gewinnen zu können und damit auch eine Verringerung des staatlichen Zuschussbedarfes zu erreichen.
Auf der Verkehrsministerkonferenz im April 2024 haben sich die Länder klar für eine langfristige Finanzierung des Deutschland-Tickets auch nach 2025 ausgesprochen. Eine Zusage des Bundes zu einer dauerhaften Finanzierung des Angebots fehlt jedoch noch.
Die Verkehrsministerkonferenz im Juli 2024 hat auf Grundlage der prognostizierten Mittelbedarfe darauf hingewiesen, dass eine Preiserhöhung für das Deutschland-Ticket ab 2025 erforderlich sein wird. Vor diesem Hintergrund wurde auf der Verkehrsministerkonferenz im September 2024 der Beschluss gefasst, den Ticket-Preis ab 01.01.2025 auf 58 € pro Monat anzuheben. Ziel ist es, im Rahmen der verfügbaren Finanzmittel Finanzierungssicherheit für die Verkehrsunternehmen, Kommunen und Fahrgäste zu schaffen und zudem die höchstmögliche Kund*innenzahl zu generieren.
Die Attraktivität des Deutschlandtickets kann auf Dauer jedoch nur gesichert werden, wenn in Zukunft neben dem Ticketpreis auch der Zuschuss von Bund und Ländern angepasst wird. Dabei geht die Verkehrsministerkonferenz von einer fairen Kostenverteilung zwischen Bund, Ländern und Kund*innen aus.
Mit dem Deutschland-Ticket ist ein Angebot geschaffen worden, das ohne Tarifkenntnisse genutzt werden kann. Das Deutschland-Ticket stellt zudem in vielen Fällen ein günstigeres Angebot als bisher dar. So werden starke Wirkungen auf das Ticketangebot der regionalen Nahverkehrstarife und der Ländertarife entstehen:
- Die größten Auswirkungen werden im Zeitkartenbereich erwartet, da deren Preisniveau bisher regelmäßig höher war als der Preis des Deutschland-Tickets. Schätzungen gehen von einem Rückgang der Einnahmen aus dem Verkauf von Zeitkarten von Erwachsenen um 70 -95% aus. In NRW wird das Deutschland-Ticket so einen Großteil der Zeitkarten der Verbundtarife und des NRW-Tarifs substituieren.
- Im Bartarif (z.B. Einzel- und Mehrfahrtenkarten) wird von einem Rückgang der Einnahmen um rund 25 - 40 % ausgegangen, da sich das Deutschland-Ticket insbesondere im Regionalverkehr bereits bei wenigen Fahrten im Monat „lohnt“.
- Auch Wochen- und Monatskarten werden künftig nur noch von wenigen Kund*innen nachgefragt werden, die das Produkt für einen einmaligen Zweck benötigen (Montage, Praktikum, …).
- Auch Angebote für geschlossene Nutzergruppen wie solidarisches Job-Ticket oder Semesterticket oder ergänzende Produkte (z. B. Anschlusstickets) werden durch die Einführung des Deutschland-Tickets beeinflusst.
Verschiedene Deutschland-Ticket-Lösungen für bestimmte Nutzergruppen:
- Im Bereich Job-Ticket ist bereits im Rahmen der Einführung des Deutschland-Tickets eine Lösung erarbeitet worden. Unternehmen erhalten die Möglichkeit, ihren Beschäftigten das Deutschland-Ticket als Jobticket bereitzustellen. Wenn sie dabei einen Zuschuss von mindestens 25 Prozent gewähren, geben Bund und Länder einen weiteren Abschlag von fünf Prozent dazu. Beschäftigte könnten das Ticket auf diese Weise um mindestens 30 Prozent preiswerter beziehen.
- Mit dem „Deutschland-Ticket Schule“ gibt es in NRW seit dem 01. August 2023 ein deutschlandweites Angebot für Schüler*innen. Das zunächst für das Schuljahr 2023/2024 eingeführte Ticket wird auch im Schuljahr 2024/2025 fortgeführt. Die Entscheidung, ob und wann das Ticket an einer Schule angeboten wird, obliegt dem jeweiligen Schulträger. Schüler*innen mit Anspruch auf eine Übernahme von Schulwegkosten nach der Schülerfahrkostenverordnung erhalten dann durch den Schulträger ein Deutschland-Ticket Schule. Selbstzahlende (kein Anspruch auf Übernahme von Schulwegkosten) können das Deutschland-Ticket zu einem um 20 Euro rabattierten Preis erwerben.
- Studierenden wurde zur Vermeidung von Doppelbelastungen zunächst ein fakultatives Upgrade-Modell angeboten, mit dem eine freiwillige Aufstockung der bestehenden Semestertickets auf das Deutschland-Ticket möglich ist. Gerade an Hochschulen mit dem weitverbreiteten Solidarmodell des Semestertickets (alle Studierende der Hochschule müssen das Semesterticket beziehen) entstand zunehmende Kritik an dem geringen Preisabstand zwischen den verbund- oder auch landesweit gültigen solidarischen Semestertickets und dem von Jedermann freiwillig zu erwerbenden Deutschland-Ticket. Die Kündigung bestehender Semesterticket-Verträge hätte eine große Unwägbarkeit für die Verkehrsunternehmen bedeutet.
Im November 2023 haben sich Bund und Länder auf die Einführung eines bundesweit einheitlichen solidarischen Semestertickets auf Basis des Deutschland-Tickets geeinigt. Dieses Ticket startete zum Sommersemester 2024. Gemäß dem beschlossenen Modell wird das solidarische Semesterticket zum Preis von 60 Prozent des Regelpreises von den Verkehrsunternehmen ausgegeben. Seit dem Sommersemester 2024 wird das Deutschlandticket an einen Großteil der Studierenden in NRW ausgegeben. - Das „Deutschland-Ticket Sozial“ für Personen, die Hilfen zum Lebensunterhalt beziehen (u.a. Bürgergeld, Sozialhilfe, Wohngeld) ist in NRW seit Dezember 2023 zum Preis von 39 Euro pro Monat erhältlich. Voraussetzung ist die Vorlage des in der jeweiligen Region festgelegten Nachweises zum Erwerb eines Sozialtickets. Das Deutschland-Ticket Sozial wird durch das Land NRW im Rahmen der Sozialticketrichtlinie gefördert.
Während das Deutschland-Ticket für Vielfahrende ein attraktives Angebot darstellt, bietet in NRW der eTarif „eezy.nrw“ für Gelegenheitsfahrende die Möglichkeit zum Kauf eines Tickets ohne Tarifkenntnisse. Mit dem eingerichteten Preisdeckel von 49 Euro (58 Euro ab 01.01.2025) pro Monat ist gewährleistet, dass bei der Nutzung von eezy.nrw der Preis des Deutschland-Tickets nicht überschritten wird.
Das Deutschland-Ticket ist ausschließlich digital über die Vertriebskanäle der Verkehrsunternehmen, Verkehrs- und Tarifverbünde verfügbar und entweder als Barcode in einer Smartphone-App (HandyTicket) oder als eTicket auf Chipkarte ausgegeben. Inzwischen wird etwa die Hälfte der Deutschland-Tickets als digitales HandyTicket ausgegeben, 2 von 3 Tickets werden digital über Smartphone-Apps oder Websites erworben. Damit hat der Ticketvertrieb in Deutschland einen Digitalisierungsschub erhalten. Insbesondere in kleineren Verkehrsverbünden und verbundfreien Räumen ohne bereits etablierte eTicket-Lösungen oder HandyTicket-Systeme war das Ausrollen eines digitalen Vertriebs innerhalb kürzester Zeit jedoch eine Herausforderung.
Die deutschlandweite Nutzung des Deutschland-Tickets stellt die Branche vor neue Herausforderungen bei Einnahmenaufteilungsverfahren (EAV). Ein bundesweiter Ansatz muss fair, transparent und gerecht die Aufteilung zwischen Öffentlichem Straßenpersonenverkehr (ÖSPV) und regionalem bzw. überregionalem Schienenpersonenverkehr (SPNV) lösen. Eine Unterarbeitsgruppe „Einnahmenaufteilung“ des Koordinierungsrates befasst sich mit dem Thema. Nach einer pragmatischen Lösung für 2023, bei der die Verkäufer die erzielten Einnahmen weitestgehend behalten, soll ab 2024 eine marktorientierte Aufteilung der Einnahmen auf die Bundesländer unter Berücksichtigung des Wohnortes der Deutschland-Ticket-Nutzer*innen erfolgen. Auch die Fremdnutzung, die z. B. in Tourismusregionen von Bedeutung ist, soll berücksichtigt werden. Die Unterarbeitsgruppe strebt an, ab 2026 zwischen den Tarifgebern weitere innovative und marktorientierte Parameter der EAV für das Deutschland-Ticket und der Ausgleichsleistungen festzulegen.