Nahaufnahme verschiedener Schienenweichen mit Sepia-Einfärbung
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Tariflandschaft in NRW

Ver­öf­fent­licht am

Die Tariflandschaft in NRW baut auf den vier regionalen Verbundtarifen in den Teilräumen des Landes auf und wird durch den landesweiten NRW-Tarif ergänzt.

Das ÖPNV-Gesetz NRW hat 1996 die Weichen gestellt für eine umfassende Integration aller ÖPNV-Angebote in zunächst neun und heute vier Verbundtarifen innerhalb des Landes Nordrhein-Westfalen. Hierdurch wurde eine Vielzahl unternehmensbezogener Tarife aufgelöst und die tarifliche Integration von Bus und Schiene in allen Teilräumen des Landes vollzogen.

Die stufenweise Einführung des NRW-Tarifs ab 2004 rundete die Neuordnung der NRW-Tariflandschaft ab. Für alle Nahverkehrsfahrten innerhalb von NRW besteht seitdem eine Haus-zu-Haus-Tarifierung, die die Nutzung aller Nahverkehrsmittel einschließt.

Eine vertiefende Darstellung zum NRW-Tarif finden Sie hier.

Eine Übersicht der Entwicklung der Verkehrsverbünde in NRW finden Sie hier.

Ausgangslage


In den ÖPNV-Tarifräumen Rhein-Ruhr (seit 1980), Rhein-Sieg (seit 1987) und Aachen (seit 1995/96) wurden bereits sehr frühzeitig Verkehrsverbünde mit Verbundtarifen für Schiene und Bus eingeführt. Im Tarifraum Niederrhein erfolgte dieser Schritt 1999, in den fünf westfälischen Verkehrsgemeinschaften Ruhr-Lippe, Münsterland, Ostwestfalen-Lippe, Paderborn/Höxter und Westfalen-Süd im Jahr 2000. Mit der Neuordnung der Tariflandschaft wurde die Zahl der ehemals über 100 unternehmenseigenen Tarife und Übergangstarife landesweit auf nur noch zehn reduziert: neun Verbund- und Gemeinschaftstarife und der Nahverkehrstarif der Deutschen Bahn AG.

Besonderes Tarifelement war die Neugestaltung der Übergangstarife. NRW hat sich grundsätzlich von den Übergangstarifen in der bisherigen Form verabschiedet und bei Verkehrsverflechtungen im Nahbereich über die Tarifraumgrenzen hinweg stattdessen „Tarifkragen” eingeführt. Hierbei wird jeweils einer der benachbarten Verbundtarife als „Übergangstarif” genutzt. Der Fahrgast muss damit keine speziellen eigenständigen Übergangstarife erlernen und anwenden.

 

Für verbundübergreifende Fahrten zwischen den Tarifräumen wurde 1999 mit dem Tarifangebot „NRWplus“ erstmalig eine Durchtarifierung zwischen Bahn und Bus/Stadtbahn erreicht, wobei der Aufpreis zur Bahnfahrkarte für die Nutzung der städtischen Verkehrsmittel im Nachlauf der Fahrt fakultativ erworben werden konnte. Das NRWplus-Ticket diente als „Vorreiter“ für den NRW-Tarif und wird weiterhin im Fernverkehr sowie bei Fahrten mit Nahverkehrszügen zwischen NRW und anderen Bundesländern angeboten.

Mit dem NRW-Tarif sind die Verbundtarife ab 2004 um landesweite Bezüge ergänzt worden. Die Verbundtarife mit ihrer individuellen Tarifsystematik bleiben dabei in den Teilräumen des Landes bestehen. Die räumliche Erweiterung des jeweiligen Verbundtarifs zum landesweiten NRW-Tarif wird relationsbezogen durch Tickets „von Gemeinde nach Gemeinde” (RelationspreisTickets) hergestellt. Hierdurch wurde ein überregionaler Tarif geschaffen, der die landesweite Nutzung öffentlicher Nahverkehrsmittel mit einem Ticket ermöglicht. Neben den RelationspreisTickets von Stadt zu Stadt (im Einzelfahrausweis- und Zeitkartensegment) beinhaltet der NRW-Tarif auch landesweit gültige pauschale Fahrausweisangebote (PauschalpreisTickets) wie z. B. das SchönerTagTicket NRW 5 Personen.

Da der NRW-Tarif die regionalen Verbundtarife „überkragt“, mussten die Beförderungsbedingungen und Tarifbestimmungen aller in NRW angewendeten Tarife weiter vereinheitlicht werden. Vergleichbare Sachverhalte wie z. B. Kinderaltersgrenzen, Fahrradmitnahmeregelungen etc. wurden landesweit harmonisiert. Die Praxis hat gezeigt, dass der strategische Ansatz der Tarifharmonisierung in NRW für die Kund*innen einen erheblichen Mehrwert darstellt (einheitliche Benutzeroberfläche) und gleichzeitig den regionalen Tarifräumen den notwendigen Spielraum zur Entwicklung neuer innovativer Ideen lässt. Vor diesem Hintergrund wird im NRW-Nahverkehr seit 2010 nur noch eine NRW-weit einheitliche Fassung der Beförderungsbedingungen angewendet, die für alle Tarife in NRW gleichermaßen gilt und in den NRW-weiten Fachgremien gemeinsam weiterentwickelt wird.

Mit dem ÖPNVG NRW wirkt das Land NRW auf eine Zusammenfassung der vorhandenen Verbund- und Gemeinschaftstarifräume auf nur noch drei Räumen hin. Durch die Ablösung des VGN-Tarifs durch den erweiterten VRR-Tarif zum 1. Januar 2012 wurde der erste Schritt zur Reduzierung der Anzahl der Verbund- und Gemeinschaftstarifräume erreicht. In einem weiteren Schritt haben die Räume Rhein-Sieg und Aachen zum 1. Januar 2015 eine Tarifkooperation umgesetzt, bei der der VRS-Tarif auch für alle Relationen zwischen den beiden Tarifräumen angewendet wird. In Westfalen-Lippe wurde zum 1. August 2017 der WestfalenTarif umgesetzt, der die ehemals 5 regionalen Gemeinschaftstarife in der Region ablöst.

Akteure


Die Entwicklung und Umsetzung der Tarifkonzeption für Nordrhein-Westfalen hat einen hohen Abstimmungsbedarf erfordert, der auch weiterhin bestehen bleibt – sowohl in den Regionen als auch landesweit. Die Initiierung und Moderation des Landes ermöglichen dabei, alle relevanten Gruppen – unmittelbar Beteiligte und Experten sowie die Fahrgäste – einzubeziehen.

Probleme und Aufgaben


Die Forderungen der Fahrgäste nach Einfachheit, Transparenz und Vereinheitlichung sind Leitlinie für die Weiterentwicklung der Tarife. Gleichzeitig ist es notwendig, den Freiraum und die Eigenverantwortung der Verkehrsunternehmen für die Akquisition am Markt zu erhalten. 

Mit Einführung des NRW-​Tarifs wurde ein großes Ziel bei der Harmonisierung der Tarife erreicht und ein formalisierter Rahmen für die landesweite Zusammenarbeit der Tarifräume geschaffen. Der konstruktive Dialog zur Tariflandschaft in NRW in den Tarifräumen und bei den Verkehrsunternehmen ist damit jedoch nicht beendet. Er wird weiterhin vom Land initiiert und unterstützt. Der NRW-​Tarif verlangt auch zukünftig Abstimmungen über das Ticketsortiment, Preisanpassungen und Weiterentwicklung des Systems. Darüber hinaus ist es das Ziel, die bestehenden Verbundtarife auf freiwilliger Basis weiter zu harmonisieren. Durch Harmonisierung und Verringerung der Verbundtarife in NRW soll eine noch größere Übersichtlichkeit in der Tariflandschaft geschaffen werden. NRW gehört damit bundesweit zu den Vorreitern für ein erfolgreiches Modell landesweiter Tarifkooperationen und -​harmonisierungen. Ein weiterer Schritt in diese Richtung ist im Rheinland geplant: der Rheinlandtarif soll voraussichtlich zum Jahresbeginn 2026 VRS- und AVV-Tarif vollständig ersetzen.

Während das im Mai 2023 eingeführte Deutschlandticket gerade für öfters fahrende oder regelmäßige ÖV-Kund*innen das geeignete Produkt darstellt, darf die Kundengruppe mit „geringerer“ ÖV-Nutzung nicht aus dem Blickfeld geraten. Zur Reduzierung der Zugangshürden für diese Kundengruppe trägt die Einführung des landesweiten eTarifs „eezy.nrw“ bei. Das Angebot garantiert eine faire automatisierte Fahrpreisberechnung und kann ohne jegliche Tarifkenntnisse genutzt werden. Durch beide Entwicklungen – Umsetzung des Deutschlandtickets und Einführung von eezy.nrw – sind starke Wirkungen auf das Ticketangebot der regionalen Nahverkehrstarife und des NRW-Tarifs entstanden: In dessen Folge kann das Ticketsortiment verkleinert und übersichtlicher gestaltet werden, auch im Bereich der Preisstufung der Nahverkehrstarife sind kurzfristig Vereinfachungen zu erwarten.