Ist die Bahn oder der Bus heute pünktlich?
Durch dynamische Fahrgastinformationen können sich Bus- und Bahnkund*innen stets genau über das momentane Verkehrsangebot informieren. Die jeweiligen Informationen werden in Echtzeit über verschiedene Anzeigen übermittelt. Dazu zählen stationäre Abfahrtsanzeigen in Bahnhofshallen oder auf Bahn- und Bussteigen, Linienverlaufsanzeigen sowie Haltestellenansage- bzw. Anzeigegeräte in Fahrzeugen und mobile Endgeräte (v.a. Smartphones, Tablet-Computer).
Durch die dynamischen Fahrgastinformationen haben Fahrgäste die Möglichkeit, ihre Fahrtroute anzupassen oder ggf. entstehende Wartezeiten sinnvoll zu nutzen. Zudem können der Realität entsprechende Echtzeitinformationen zu einem gesteigerten Vertrauen in das Verkehrsangebot beitragen und die Fahrgastzufriedenheit steigern. Innerbetrieblich ermöglicht die dahinterliegende Technik u.a. eine kontinuierliche Erfassung der Pünktlichkeit sowie die Anschlusssicherung.
Ausgangslage
Datenbasis
Für verkehrslageabhängige Fahrgastinformationen sind Echtzeitdaten über die genaue Betriebslage erforderlich. Diese werden durch Kommunikation der Fahrzeuge mit einem unternehmensinternen Betriebsleitsystem erzeugt. Dieses System ermittelt durch Positionsübermittlung und Fahrplanabgleich die Abweichungen zum Soll-Fahrplan.
Im signalisierten Schienenverkehr (d.h. ohne Straßenbahn) ist die Kenntnis des aktuellen Standorts eines Fahrzeugs für die Steuerung der Sicherungstechnik betriebsnotwendig. Daher sind hier dynamische Fahrgastinformationen seit jeher ein „Nebenprodukt”. Diese Daten müssen „lediglich” aufbereitet und zur Visualisierung an die technische Infrastruktur übergeben werden, die an Haltestellen, in Fahrzeugen oder in sonstigen Hintergrundsystemen aufgebaut wurde. Insbesondere im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) mit oft recht langen Blockabständen liefern derartige „klassische“ Verfahren aber nur eine begrenzte Genauigkeit. Meldungen zur aktuellen Betriebslage müssen daher ggf. durch weitere Ortungsverfahren (z. B. GPS-Ortung, Meldung des Triebfahrzeugführers) präzisiert werden.
Im straßengebundenen ÖPNV sind dynamische Informationen nicht systemimmanent. Deshalb muss dort zunächst die erforderliche Infrastruktur aufgebaut werden, um die Datenbasis für die dynamische Fahrgastinformation zu erzeugen. Der Infrastrukturaufbau bei den Verkehrsunternehmen ist in der Vergangenheit zumeist stufenweise erfolgt, ausgehend von der Ausrüstung der Fahrzeuge mit einem Integrierten Bordinformationssystem (IBIS) bis zum Aufbau eines Intermodal Transport Control Systems (ITCS). Kern des IBIS ist ein Bordrechner. Dieser steuert zahlreiche Prozesse im Fahrzeug, die für die reibungslose Betriebsdurchführung (z. B. Positionserfassung, automatische Fahrgastzählgeräte), die Fahrgastinformation (Fahrtziel- oder Haltestellenanzeige) oder die tarifliche Abfertigung (z. B. Ticketdruck, Entwerter) erforderlich sind. Der Bordrechner übernimmt zudem die bordseitige Kommunikation mit dem Leitrechner des ITCS.
Die Schnittstelle zwischen dem Bordrechner und den Peripheriegeräten (Datenbus) wurde durch den VDV standardisiert. Mit einem ITCS stehen die aktuellen Ist-Fahrplandaten zu jedem Zeitpunkt für das gesamte Netz eines Unternehmens zur Verfügung. Eine flächendeckende Bereitstellung von dynamischen Fahrgastinformationen über einzelne zentrale Haltestellen hinaus wird somit möglich.
Da Ist-Daten in vielen Fällen unternehmensübergreifend benötigt werden (z. B. für die Versorgung eines dynamischen Fahrgastinformationsanzeigers, wenn mehrere Unternehmen die gleiche Haltestellenposition bedienen), müssen die Daten in größeren Räumen zusammengefasst werden. So wird auch sichergestellt, dass in allen Auskunftsmedien der gleiche Informationsstand herrscht und der Fahrgast sicher sein kann, dass er über alle Informationskanäle dieselben Informationen zum aktuellen Betriebsgeschehen erhält. Hierzu wurden in nahezu allen Ballungsräumen in Deutschland regionale „Datendrehscheiben“ oder Ist-Daten-Server (IDS) aufgebaut. Die Ist-Daten-Server beziehen die Ist-Daten-Informationen über Schnittstellen aus den angeschlossenen ITCS und stellen sie in harmonisierter Form den Fahrgastinformationsmedien zur Verfügung. Dies bietet den Vorteil, dass jedes ITCS nur eine Schnittstelle „nach außen“ benötigt und nicht zahlreiche Endgeräte mit ihren ggf. abweichenden Schnittstellen an das ITCS angebunden werden müssen.
Abhängig davon, für welche Zwecke die Datendrehscheiben genutzt werden, ist eine unterschiedliche Güte der Ist-Daten erforderlich. So steht etwa bei der Belieferung dynamischer Fahrgastinformationsanzeiger eine möglichst schnelle Datenübertragung im Vordergrund (u.a. damit die Fahrzeuge auch unmittelbar nach Abfahrt an der Haltestelle von der Anzeigetafel verschwinden). Demgegenüber kommt es bei der Belieferung elektronischer Auskunftsmedien weniger auf die Schnelligkeit als vielmehr auf einen größeren Detaillierungsgrad der Informationen an.
Um Fehlinformationen zu vermeiden, muss möglichst genau abgeschätzt werden, wie sich bereits vorhandene Verspätungen entwickeln und wo Verspätungen entstehen werden. Für möglichst genaue Prognosen sind aufwändige Prognose-Algorithmen nötig, die neben dem Abgleich der Soll- und Ist-Fahrplandaten auch verschiedene Parameter wie z. B. die fahrtspezifischen Mindestwende- und Aufenthaltszeiten, streckenspezifische Aufholpotenziale oder dynamische Prioritäten an Lichtsignalanlagen („Ampeln“ im Straßenverkehr) berücksichtigen. Hochrechnungen von Verspätungen bleiben aber insbesondere im straßengebundenen ÖPNV mit großen Unsicherheiten behaftet.
Eine weitere wichtige Quelle für Ist-Informationen ist die personalbediente Nachrichteneingabe durch die Leitstellen. Hierbei können sowohl kurzfristige Ereignisse (z. B. Bahnhofssperrung wegen Bombendrohung, Linienumleitungen etc.) weitergeleitet werden, die durch die oben beschriebenen automatisch arbeitenden Systeme nicht oder erst spät erkannt werden. Weiterhin können Begründungen für Fahrzeugausfälle oder Verspätungen gegeben werden. Als Übermittlungssystem dient dabei ein Redaktionssystem (Content Management System, CMS). Die Anbindung dieser Meldungen an regionale Datendrehscheiben ist dabei vielfach noch nicht erfolgt.
Fahrgastinformationsmedien
Aus der Datenbasis gewonnene Echtzeit-basierte Fahrplandaten werden an den Fahrgast über verschiedene Wege weitergegeben:
1. Stationäre Abfahrtsanzeiger
Stationäre Abfahrtsanzeiger sind an Haltestellen des Schienenverkehrs (Eisenbahnen, U-Bahnen, sowie Stadt- und Straßenbahnen) inzwischen flächendeckend verbreitet. Sie finden sich auf den Bahnsteigen sowie – falls vorhanden – auch in den Eingangsbereichen oder Verteilerebenen der Stationen.
Im Busverkehr ist die Verbreitung von dynamischen Anzeigern derzeit noch auf den städtischen Raum und dabei oft auch nur auf zentrale Haltestellen mit hohem Fahrgastaufkommen beschränkt. Einer Verbreitung an Haltestellen in ländlichen Räumen bzw. in städtischen Randlagen stehen die Kosten für das Anzeigegerät sowie die notwendige Stromversorgung und Datenanbindung entgegen. Zwar bietet die Industrie für diese Anwendung besonders angepasste Anzeiger an (z. B. Stromversorgung über Solar-Panels, E-Paper-Displays mit sehr niedrigem Stromverbrauch), die sich aber auf dem Markt bislang kaum verbreitet haben.
Eine besondere Form der Haltestellenanzeige stellt die Anschlusssignalisierung dar. Sie soll dem Anschlussverkehrsmittel (zumeist Bus) signalisieren, wie lange auf umsteigende Fahrgäste vom Schienenverkehrsmittel gewartet werden soll, um den Anschluss zu garantieren. Allerdings wird auf derartigen Anlagen meist nur die Zeit bis zur nächsten Ankunft des Schienenverkehrsmittels gezeigt, ungeachtet dessen, ob es sich dabei um einen geplanten Anschluss handelt oder nicht. Ihr Nutzen ist daher begrenzt, da eine wirkliche Interaktion mit dem Anschlussverkehrsmittel nicht stattfindet.
2. Akustische Fahrgastinformationsmedien an der Haltestelle
Lautsprecher auf den Bahnsteigen oder an zentralen Haltestellen des öffentlichen Straßenpersonenverkehrs (ÖSPV) sind ein etabliertes Verfahren, um Informationen zu Störungen unmittelbar durch die Leitstelle an die wartenden Kund*innen an der Haltestelle zu verteilen. Im Eisenbahnverkehr sind inzwischen rechnergestützte Systeme mit computergenerierter Sprachausgabe flächendeckend weit verbreitet.
Dynamische Abfahrtanzeigen sind ebenfalls oft mit einer computergenerierten Sprachausgabe verknüpft, um Blinden und Sehbehinderten die Echtzeit-Inhalte des Anzeigegeräts zugänglich zu machen. Normalerweise erfolgt bei derartigen Anlagen die Sprachausgabe nur auf Anforderung, um eine ständige Beschallung der Umgebung zu vermeiden.
3. Dynamische Fahrgastinformation im Fahrzeug
Optische Informationsgeräte im Fahrzeug sind vornehmlich Anzeigen mit Ankündigung des Namens der nächsten Haltestelle bzw. der nächsten Haltestellen („Perlenschnur“). Sie ermöglichen den Kund*innen, sich zu orientieren („Wo bin ich gerade und wo muss ich aussteigen?“). Im Regelfall werden heute Flachbildmonitore eingesetzt, die neben einer Fahrgastinformation (z.B. Ankündigung der nächsten Haltestelle, Informationen zu Umsteigebeziehungen, Perlenschnuranzeige der Haltestellenfolge) auch weitergehende Informationen zum ÖPNV oder Werbung ermöglichen. Für die akustische Fahrgastinformation haben sich automatische Ansagegeräte als Standard im ÖPNV durchgesetzt. Beide Medien (optisch und akustisch) zusammen sind die Voraussetzung dafür, die Fahrgastinformation gemäß dem „Zwei-Sinne-Prinzip“ barrierefrei zu gestalten.
Im städtischen ÖSPV bieten die Informationssysteme im Fahrzeug den Fahrgästen im Regelfall keine Echtzeitdaten von Anschlussverkehrsmitteln. Der Nutzen hiervon ist auf Grund der zumeist kurzen Taktfolgen und Haltestellenabstände sowie der Vielzahl zu berücksichtigender möglicher Anschlüsse eher gering und stünde dem Ziel einer möglichst klar verständlichen und auf das Wesentliche konzentrierten Fahrgastinformation entgegen. Im SPNV mit größeren Stationsabständen und klar definierten Anschlussverkehrsmitteln verbreiten sich dagegen zunehmend Anzeigesysteme, die über die aktuelle Zeitlage des Zuges und die der unter diesen Bedingungen aktuell erreichbaren Anschlusszüge und teilweise auch Anschlussbusse informieren.
4. Kundeneigene Anzeigegeräte (z. B. Computer und Smartphone)
Die elektronische Fahrplanauskunft vom stationären Computer aus ist seit der Verbreitung des Internets ein rege genutztes Medium für die Fahrgastinformation vor Fahrtantritt (Sollfahrplan). Durch die Ergänzung der Fahrplanauskunft mit Ist-Daten sowie die Verwendung von Smartphones sind sehr sinnvolle weitere Anwendungsmöglichkeiten hinzugekommen.
An Haltestellen ohne stationäre dynamische Fahrgastinformation können Smartphones in der Hand der Kund*innen die bestehende Echtzeit-Informationslücke deutlich verringern. Voraussetzung dafür ist die Existenz entsprechender ITCS-Daten sowie deren Verbreitung über Webschnittstellen, so dass die Fahrgäste über Internetbrowser oder Fahrplan-Apps Zugriff auf die gewünschten Informationen erhalten.
Ein einfacher Ansatz zur schnellen Abfrage an der Haltestelle basiert auf einem QR-Code, der auf dem Aushangfahrplan angebracht wird. Durch Scannen mit der Smartphone-Kamera wird eine Verbindung zu einer Haltestellen-spezifischen Internetseite mit den aktuellen Abfahrtsinformationen aufbaut.
Eine Webschnittstelle zu den Echtzeitinformationen bietet zudem Möglichkeiten für weitere Dienste, die vollständig in Regie des Kunden ablaufen können:
In öffentlichen Gebäuden kann mit Hilfe einfacher Computertechnik und einer Internetanbindung eine Echtzeitinformation der nächstgelegenen Haltestelle im Zugangsbereich realisiert werden (Abfahrtsmonitore). So erkennen z. B. Kund*innen in einem Einkaufszentrum, ob die noch verbleibende Wartezeit für weitere Einkäufe genutzt werden kann.
Smartphone-Anwendungen zur Verbindungsabfrage können auch während der Fahrt genutzt werden. Sie ermöglichen dem Fahrgast jederzeit eine Auskunft „on-trip“ entsprechend der aktuellen Fahrplanlage. Somit kann bereits während der Fahrt auf voraussichtlich verpasste Anschlüsse durch Änderung der Route reagiert werden. Die Abfrage der Verbindungen kann über den Webbrowser der mobilen Endgeräte oder per mobiler Anwendung (Smartphone-App) erfolgen. Die Ergänzung der elektronischen Fahrplanauskunft um Ist-Daten erfolgt über die regionalen Datendrehscheiben der Systemanwender der Fahrplanauskunft (z. B. Verbünde).
Akteure
Nahezu alle Verkehrsunternehmen in NRW bieten dynamische Fahrgastinformationen über unterschiedliche Wege an. Immer mehr Haltestellen und Fahrzeuge werden mit dynamischen Fahrgastinformationsgeräten ausgerüstet.
Der Arbeitskreis „Dynamische Fahrgastinformation” der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) hat 2009 das Arbeitspapier „Hinweise zur Fahrgastinformation im öffentlichen Verkehr“ (FGSV 151) veröffentlicht, in dem die Chancen und Möglichkeiten sowie die Probleme bei der Verwendung von gedruckten und elektronischen Medien für die Fahrgastinformation zusammengestellt werden. Vor dem Hintergrund des Wettbewerbs im ÖPNV wird dabei auch die Fragestellung behandelt, wie Echtzeitauskunftssysteme diskriminierungsfrei betrieben werden können. Des Weiteren wird das Potenzial von Fahrgastinformationsmedien untersucht, um Zugangshemmnisse für Neukund*innen abzubauen.
Der Arbeitskreis "Verlässlicher ÖV" hat in den Jahren 2013 bis 2017 die "Empfehlungen für einen verlässlichen öffentlichen Verkehr" erarbeitet (FGSV-Schrift 166, veröffentlicht 2017). Darin werden die Anforderungen an einen verlässlichen ÖPNV beschrieben, wobei die Sichtweise der Kund*innen und ihre Erwartungen im Mittelpunkt stehen.
Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) behandelt in mehreren Veröffentlichungen das Thema Fahrgastinformation:
- In der VDV-Schriften 453 und 454 werden einheitliche Rahmenbedingungen an die Gestaltung von Schnittstellen zwischen verschiedenen ITCS und zwischen ITCS und Auskunftssystemen definiert.
- In der VDV-Schrift 735 „Kollektive dynamische Fahrgastinformation im öffentlichen Nahverkehr“ gibt der VDV u.a. Hinweise zur Standortfindung für DFI-Anlagen, zur Darstellung von Informationen sowie zu Anforderungen an die technischen Systeme.
- Die VDV-Schriften 736-1 und 736-2 „Umgang mit Störungsmeldungen (UmS)“ gibt den Verkehrsunternehmen und -verbünden und den Herstellern Handlungsempfehlungen zur Nutzung der VDV- und SIRI-Schnittstellen (Service Interface for Real Time Information), um künftig Fahrgastinformation im Störungsfall flächendeckend, zeitnah und widerspruchsfrei zu ermöglichen.
- Die VDV-Schrift 713 gibt einen Überblick zu den VDV-Schriften und -Mitteilungen zur Fahrgastinformation.
- In der VDV-Schrift 713-0-1 werden Standards zur einheitlichen Kommunikation von Auslastungsinformation im Öffentlichen Personenverkehr beschrieben.
Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (für die Bereiche Rhein-Ruhr und Westfalen) und go.Rheinland (für das Rheinland) haben „Datendrehscheiben“ für Echtzeit-Informationen eingerichtet (Ist-Daten-Server), an die SPNV-Unternehmen in NRW und eine zunehmende Zahl städtischer und regionaler ÖSPV-Unternehmen angeschlossen sind (siehe auch „ÖV-Datenverbund"). Die Datendrehscheiben versorgen u.a. die elektronischen Auskunftssysteme von VRR, VRS, AVV und Westfalen.
Probleme und Aufgaben
Durch die Einrichtung von zentralen „Datendrehscheiben“ für Ist-Daten sind die Voraussetzungen für eine Datenversorgung der Echtzeit-Auskunftsmedien auch über Unternehmensgrenzen hinweg geschaffen worden. Immer mehr Verkehrsunternehmen geben ihre Daten an die regionalen Datendrehscheiben weiter, so dass sich in den nächsten Jahren die Echtzeitdatenbasis deutlich verdichten wird.
Noch vorhandene Datenverluste bei der Übergabe der Daten zwischen Verkehrsunternehmen und der Datendrehscheibe sind zu identifizieren und durch Abstimmung der Beteiligten abzubauen. Beispielhaft hierfür ist die vielfach erforderliche Umschlüsselung von Haltestellennummern zwischen den unternehmensinternen Systemen und dem Nummernkreis der Datendrehscheiben. Hier kann es leicht zu Übermittlungsproblemen bei Angebotsänderungen kommen. In NRW wurde eine landesweite Haltestellendatenbasis (NRW-Haltestellenkataster) realisiert, was die eindeutige und zweifelsfreie Integration der Teilraumdaten aus den Regionen wesentlich verbessert. So wird jeder Haltestelle in NRW eine globale ID zugeordnet. Im Projekt „NRW-Linienkataster“ wird zzt. ein Datenbanksystem (analog zum Haltestellenkataster) mit einheitlichen Linien- und Fahrt-IDs entwickelt und aufgebaut. Dadurch lassen sich zukünftig auch Linien- und Fahrtobjekte eindeutig und zweifelsfrei ansprechen, was positive Effekte auf viele Prozesse in den Bereichen SOLL- und IST-Datenintegration haben wird.
Ebenso ist die Verzahnung der in NRW aufgebauten Datendrehscheiben zu strukturieren, um den erforderlichen Austausch an den Schnittstellen der Server sicherzustellen. Der Austausch von Ist-Daten zwischen den Datendrehscheiben gestaltet sich aufgrund der großen Datenmengen als deutlich schwieriger als der Austausch der Soll-Daten.
Manche Umsetzungsprozesse im Bereich der Echtzeitauskunft erscheinen noch schwach strukturiert. So entsteht vielfach ein hoher Aufwand dadurch, dass die Echtzeit-Daten eines Verkehrsunternehmens zunächst unmittelbar aus dem ITCS an dynamische Fahrgastinformationsanzeiger übertragen werden. Nach späterer Vervollständigung der Echtzeitdaten durch weitere Unternehmen erfolgt erst eine zusätzliche Anbindung über die Datendrehscheibe. Oft wird auch eine Bereitstellung der Echtzeitinformationen über Internet nur nachgeordnet verfolgt, was vielfach nicht dem Kundennutzen entspricht. Schließlich haben die derzeit für den SPNV zur Verfügung stehenden IST-Daten oft noch nicht die erforderliche zeitliche Genauigkeit, sondern weichen im Minutenbereich von der echten Zeit ab. Die geplante Digitalisierung der Schienenstrecken wird die aktuelle Situation langfristig verbessern. Im Gegensatz zur heutigen Signalisierung wird der Zug im ETCS-Betrieb (European Train Controll System) laufend überwacht. Fahrzeugseitig werden Sensoren, die in hoher Frequenz Abstandsmessungen zu Landmarken, wie z. B. Oberleitungsmasten durchführen, und Ortsmessungen durch Satellitennavigation eine Rolle spielen.
Um eine hohe Datenqualität der Echtzeitinformationen im SPNV zu schaffen, haben die SPNV-Aufgabenträger in NRW in Zusammenarbeit mit der DB Station&Service AG eine Austauschplattform und ein regelmäßiges Qualitätscontrolling zwischen SPNV-Aufgabenträger, Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) und DB Station&Service geschaffen. In diesen Austauschprozess sollen sukzessive alle in NRW tätigen EVU eingebunden werden.
Ein weiterer Arbeitsbereich ergibt sich in der zeitverlustfreien Bereitstellung von Meldungsdiensten auf den Datendrehscheiben, um schnellstmöglich Störungsmeldungen aus den Leitstellen der Verkehrsunternehmen über die Schnittstelle vom ITCS zur Datendrehscheibe zu übermitteln. Für den SPNV ist hierzu im Projekt „Vernetzungsinitiative SPNV NRW“ im Rahmen der Digitalisierungsoffensive NRW eine SPNV-Steuerungszentrale zur Optimierung der Fahrgastinformation sowie der Disposition im Störungsfall eingerichtet worden. In der Betriebszentrale von DB Netz in Duisburg arbeiten Disponent*innen und Koordinator*innen für Fahrgastinformation verschiedener Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) zusammen. Die Hauptaufgabe ist die Bereitstellung von EVU-übergreifender betreiberneutraler und diskriminierungsfreier Fahrgastinformation im Störungsfall. Auch die Information über aktuelle Baustellen- und Ersatzfahrpläne sowie die Kommunikation alternativer Reiserouten erfolgt über die Steuerungszentrale. In der Praxis hat sich gezeigt, dass es insbesondere bei größeren Störungsfällen zu einer Überlastung der SPNV-Steuerungszentrale kommt und, dass ein EVU- bzw. linienübergreifendes Denken noch verstärkt werden muss. Hieran wird derzeit gearbeitet.
Ein Entwicklungsschwerpunkt in der dynamischen Fahrgastinformation liegt in der Entwicklung und Unterstützung von pro-aktiven Informationen an Kund*innen mit mobilen Endgeräten, die automatisch über Veränderungen in täglichen Wegekette unterrichten. Eine Integration in mobile Anwendungen durch weitgehend automatisierte Push-Dienste (Anzeige der Meldung auf dem Gerät ohne gesonderten Abruf durch Kund*innen) kann hier eine Informationslücke schließen. Pro-aktive Lösungen setzt z. B. die DB mit ihrem Dienst „Benachrichtigungen zur Reise“ ein. DB-Kund*innen erhalten Verspätungs-Meldungen per E-Mail oder per Push-Nachricht von der App DB Navigator oder der App DB Streckenagent.
Die Aufgabenträger in NRW stellen über die eigene Landingpage www.zuginfo.nrw den Fahrgästen aktuelle Zusatzinformationen zur Verfügung, die den Fahrgast im Störungsfall über die Gründe, die Auswirkungen und den weiteren Verlauf einer Störung im SPNV informieren. Die Fahrgäste haben dort ebenfalls die Möglichkeit, linien- oder streckenbezogene Push-Nachrichten zu abonnieren.
Verschiedentlich finden sich Ansätze zur Nutzung von Social Media-Diensten für die Echtzeit-Information der Kund*innen. Dabei ist jedoch zu hinterfragen, ob dieser Kommunikationsweg für die unmittelbare Fahrgastinformation geeignet ist, da ein solcher Dienst keine oder eine nur über Umwege erreichbare regionale Differenzierung der Meldungen zulässt. Die Nutzung beispielweise der Online-Plattform X oder Facebook für das Kundenmarketing ist davon unberührt.
Eine Weiterentwicklung der Information in Fahrzeugen außerhalb des SPNV ist die Anzeige von Anschlüssen zu anderen Linien in Echtzeit, gegebenenfalls ergänzt durch Informationen über Umsteigemöglichkeiten auf andere Verkehrsmittel (z.B. zwischen Bus und Schiene). Hierzu sind entsprechende Algorithmen zu entwickeln, die eine sinnvolle Selektion von Daten vornehmen und dabei Umsteigerelationen, Taktfrequenzen etc. berücksichtigen.
Derartige Algorithmen lassen sich auch für die technische Anschlusssicherung verwenden. Ziel ist es, Anschlussverkehrsmittel bei nicht zu großer Verspätung des zubringenden Fahrzeugs automatisch zurückzuhalten. Neben sehr geringen Toleranzen bezüglich der Genauigkeit der Ist-Fahrplandaten und der Selektion gewünschter Anschlüsse ist es dafür auch erforderlich, für verknüpfte Fahrten individuelle Mindestumsteigezeiten und maximale Wartezeiten festzulegen (z.B. resultierend aus weiteren Anschlüssen im nachfolgenden Linienweg sowie zur Vermeidung von Folgeverspätungen). In der technischen Anschlusssicherung stecken sicherlich noch erhebliche Potenziale zur Attraktivitätssteigerung im ÖPNV. Einerseits können die für Kund*innen besonders ärgerlichen „Sichtanschlussverluste“ vermieden werden, andererseits können technisch gesicherte Anschlüsse als Qualitätsmerkmal offensiv kommuniziert werden. Dies ist besonders im ländlichen Raum und in den Schwachverkehrszeiten wichtig, um die Gefahr langer Wartezeiten nach verpassten Anschlüssen deutlich zu reduzieren. Derzeit stellt diese Gefahr bei dünnen Fahrplantakten eine ganz erhebliche Zugangsbarriere für den ÖPNV dar.
Der Einsatz dynamischer Fahrgastinformation z. B. an der Haltestelle macht die klassischen Informationsmedien nicht überflüssig. So muss nach wie vor jede Haltestelle mit einem Aushangfahrplan, einem Liniennetzplan und Tarifaushang versehen werden – nicht nur, um den gesetzlichen Vorgaben gerecht zu werden, sondern auch, um im Fall einer Störung der elektronischen Anlage die Kund*innen zu informieren.