Mit Bussen und Bahnen von Haus zu Haus – im ganzen Land, überall in NRW: Der NRW-Tarif macht’s möglich.
Der NRW-Tarif ist der landesweite Tarif für Nahverkehrsfahrten zwischen den Regionen des Landes Nordrhein-Westfalen. Er stellt die Haus-zu-Haus-Tarifierung im NRW-Nahverkehr für alle Bus- und Bahnverbindungen zwischen den Verbundräumen in NRW sicher. Der Vorteil: Nahverkehrskund*innen müssen an den Verbundraumgrenzen bzw. beim Umsteigen kein neues Ticket mehr lösen. Sie können mit demselben Ticket alle Busse, Straßen-, Stadt- und U-Bahnen sowie Nahverkehrszüge nutzen. Ein weiterer Pluspunkt: Der NRW-Tarif bindet alle Städte und Gemeinden in NRW ein. Bus- und Bahnkund*innen können auch von Orten ohne Schienenanschluss mit einem Ticket in jeden anderen Ort innerhalb Nordrhein-Westfalens reisen.
Eine Übersicht über die Entwicklungen im NRW-Tarif zeigt der jährliche NRW-TarifReport.
Die aktuellen Beförderungsbedingungen Nahverkehr NRW und die Tarifbestimmungen über den NRW-Tarif finden Sie hier.
Ausgangslage
Die Mobilitätsbedürfnisse der Menschen in Nordrhein-Westfalen haben sich in den vergangenen Jahren entscheidend verändert: Der Aktionsradius der ÖPNV-Kund*innen hat sich vergrößert; immer längere Strecken werden vor allem durch Berufspendelnde mit Bus und Bahn zurückgelegt. Die Tarifstrukturen in Nordrhein-Westfalen waren in der Vergangenheit auf diese Entwicklung nicht ausgerichtet. Mit Gründung der regionalen Verkehrsverbünde in NRW (zunächst 9, dann 8, heute 4) gibt es zwar seit 2000 ein flächendeckendes Angebot zur Nutzung aller ÖPNV-Verkehrsmittel, in den Übergangsbereichen und für Verbundraum überschreitende Fahrten ergaben sich aber zahlreiche Lücken, die den Kund*innen mit komplizierten tariflichen Lösungen konfrontierten.
Vor diesem Hintergrund hat das Land NRW mit seiner Initiative „Neue Tarife für das Land” den Anstoß für eine neue Tarifgestaltung im ÖPNV gegeben, die die Verbundtarife um eine überregionale Komponente ergänzt. Die Verbundtarife gelten wie bisher in den regionalen Tarifräumen mit ihrer jeweiligen Tarifsystematik fort. Dem NRW-Tarif obliegt als Regionaltarif die Haus-zu-Haus-Tarifierung zwischen den Verbundtarifräumen.
Die räumliche Erweiterung des jeweiligen Verbundtarifs zum landesweiten NRW-Tarif wird relationsbezogen durch Tickets „von Gemeinde nach Gemeinde” (RelationspreisTickets) hergestellt. Der Preis für die RelationspreisTickets setzt sich zusammen aus einem entfernungsabhängigen Preisbestandteil für die Fahrt mit den regionalen Verkehrsmitteln von der Start- zur Zielgemeinde (z. B. mit Nahverkehrszug oder Regionalbus) sowie einem pauschalen Anteil, der die Nutzung der lokalen Verkehrsmittel am Start und Ziel der Reise (Vor- und Nachlauf zur Feinerschließung wie z. B. Fahrt mit dem Bus zum Bahnhof) vergütet. Hierdurch wurde ein überregionaler Tarif geschaffen, der die landesweite Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel mit einem Ticket ermöglicht.
Neben den RelationspreisTickets von Stadt zu Stadt (im Einzelfahrausweis- und Zeitkartensegment) beinhaltet der NRW-Tarif auch landesweit gültige pauschale Fahrausweisangebote (PauschalpreisTickets), z. B. das SchönerTagTicket NRW 5 Personen.
Die Entwicklung des NRW-Tarifs gliedert sich in folgende Stufen:
Zum 1. August 2004 wurde die PauschalpreisTicket-Palette um das SchönerTagTicket NRW für 1 Person und um das SchöneFahrtTicket NRW erweitert. Letzteres kann für Zielfahrten innerhalb Nordrhein-Westfalens von bis zu zwei Stunden Dauer genutzt werden. Auch das SchönerTagTicket NRW für 5 Personen wurde zu diesem Zeitpunkt in den NRW-Tarif integriert und ist seit dem 1. August 2004 auch am Wochenende gültig.
Am 12. Juni 2005 wurden zusätzlich zu den PauschalpreisTickets die relationsbezogenen Fahrausweise eingeführt (RelationspreisTickets): Einzel- sowie Hin- und Rückfahrausweise für Erwachsene und Kinder, Zeitfahrausweise und AnschlussTickets an vorhandene Verbundzeitkarten. Die BahnCard 25 und BahnCard 50 der DB werden auch im NRW-Tarif bei Tickets für einzelne Fahrten anerkannt. Der NRW-Tarif hat damit als Haus-zu-Haus-Tarif den Bahntarif im SPNV in NRW vollständig abgelöst, d.h. für Verbundraum übergreifende Fahrten im NRW-Nahverkehr gilt nun ausschließlich der NRW-Tarif. Der Vertrieb der NRW-Tarif-Tickets stützt sich in dieser zweiten Stufe zunächst auf die DB-Vertriebswege.
Zum 10. Juni 2007 wurde der Vertrieb des NRW-Tarif weiterentwickelt und die Tarifermittlungsgrundlagen vereinfacht: Wie bei den Verbundtarifen üblich, stellt die Ebene der 396 politischen Gemeinden in NRW die kleinste tarifliche Einheit im NRW-Tarif dar. Bei Fahrt von Gemeinde zu Gemeinde ist der Preis stets gleich – unabhängig vom konkreten Bahnhof, an dem innerhalb einer Gemeinde die Fahrt im Schienenverkehr beginnt oder endet. Auch schienenferne Orte sind seitdem vertrieblich in die Ticketerstellung einbezogen, so dass auch Gemeinden ohne eigenen Bahnhof beim Ticketkauf als Start- und Zielort ausgewählt werden können. Zum 1. April 2008 wurde der Vertrieb von RelationspreisTickets über das Internet umgesetzt, was den flächendeckenden Vertrieb des NRW-Tarifs in allen Orten in NRW sicherstellt und die Nutzung des ÖSPV-Vorlaufs deutlich erleichtert.
Mit der Umstellung des NRW-Tarifs auf einen vollwertigen Verbundtarif zum 13.12.2015 erfolgte ein weiterer Entwicklungsschritt zur Vereinfachung der NRW-Tariflandschaft. Die Geltungsbereiche von RelationspreisTickets für die Fahrt zwischen zwei NRW-Gemeinden wurden neu gestaltet und Kund*innen können nun jedes Verkehrsmittel nutzen, dass sie weiter in Richtung ihres Reiseziels bringt. Die neuen Geltungsbereiche der RelationspreisTickets vereinen automatisch alle verkehrlich sinnvollen Fahrtwege zum Ziel. Das vereinfacht auch den Verkauf der RelationspreisTickets, was den Verkauf durch alle Verkehrsunternehmen in NRW eröffnet. Mit dieser Umstellung werden verschiedene Besonderheiten des NRW-Tarifs der Struktur der Verbundtarife angeglichen und damit die Transparenz der NRW-Tariflandschaft gestärkt.
Zum 01. Dezember 2021 ist der elektronische Tarif in NRW mit automatischer Fahrpreisfindung auf Luftlinienbasis eingeführt worden. Die neuen Tarife und die zugehörigen Vertriebswege tragen die Markennamen „eezy.nrw“ (für tarifraumübergreifende Fahrten), „eezy VRR“ (für Fahrten im VRR), „eezy VRS“ (für Fahrten im VRS), „eezy avv“ (für Fahrten im AVV) und „eezy Westfalen“ (für Fahrten im WestfalenTarif). Kund*innen benötigen lediglich ein Smartphone mit einer App für die eTarife in NRW (z. B. mobil.nrw App, verschiedene Apps der Verbünde oder Verkehrsunternehmen) und ein Kundenkonto. Vor der Fahrt checkt sich der Fahrgast via der eTarif-fähigen App ein und nach dem Aussteigen wieder aus. Der Ticketpreis für die Fahrt berechnet sich aus einem Grundpreis und dem Preis für die Luftlinienkilometer, die zwischen Start und Ziel zurückgelegt werden. Kund*innen zahlen also stets nur die kürzeste Entfernung zwischen Start- und Zielhaltestelle. Den Ticketpreis berechnet die App bei Fahrtende automatisch – gezahlt wird im Nachgang der Fahrt (Postpaid) über das hinterlegte Zahlungsmittel. Kund*innen benötigen damit keine besonderen Tarifkenntnisse, um mit den eTarifen durch NRW zu fahren.
Aus wettbewerblicher Sicht konnte durch die Auflösung der Anstoßtarifierung zwischen den Eisenbahnverkehrsunternehmen in NRW 2007 ein bedeutender Schritt für die Tarifharmonisierung erzielt werden. So wenden alle Bahnen in NRW seitdem den NRW-Tarif an. Die Erlöse werden seit 2008 nach einem unternehmensneutralen Aufteilungsverfahren zwischen den beteiligten Bahnen aufgeteilt.
Der NRW-Tarif hat sich als „Katalysator“ einer sehr weitgehenden Harmonisierung der Verbundtarife sowie einer engeren landesweiten Zusammenarbeit der Tarifräume erwiesen. Letztlich hat die Praxis gezeigt, dass der strategische Ansatz der Tarifharmonisierung in NRW für die Kund*innen einen erheblichen Mehrwert bedeutet (einheitliche Benutzeroberfläche) und dennoch den regionalen Tarifräumen den notwendigen Spielraum zur Entwicklung neuer innovativer Ideen bereitstellt.
Das Ticket-Sortiment des NRW-Tarifs ist im Hinblick auf größtmögliche Transparenz und Einfachheit so schlank wie möglich ausgelegt. Zudem weisen die Produkte des NRW-Tarifs eine größtmögliche Parallelität zu den harmonisierten Tarifprodukten der Verbundtarife auf, wobei Abweichungen (z. B. gibt es im NRW-Tarif keine 4er-Tickets) durch den anderen Verkehrsmarkt des NRW-Tarifs (überregionale Fahrten) bedingt sind. Eine Übersicht der Ticketarten des NRW-Tarifs zeigt nachfolgende Darstellung.
Verschiedenen bereits vor Einführung des NRW-Tarifs am Markt etablierten Tickets kommt eine Vorreiterrolle bei der Entwicklung des NRW-Tarifs zu:
So bilden das SchönerTagTicket NRW als attraktives und NRW-weit gültiges Tagesticket die Grundlage der PauschalpreisTicket-Familie im NRW-Tarif. Ausgelöst durch den Erfolg des 1995 eingeführten Tarifangebots „Schönes-Wochenende-Ticket“ etablierte die DB ab 1997 ein am Freizeit- und Einkaufsverkehrsmarkt orientiertes Tagesticket für Kleingruppen und Familien für jeweils ein Bundesland. Besonderes Element des SchönerTagTicket NRW war stets der „Verbundgedanke“, d.h. es gilt in allen Verbundverkehrsmitteln der nordrhein-westfälischen Verkehrsverbünde (d.h. Nahverkehrszüge, Busse, U-Bahnen, Stadt- und Straßenbahnen) innerhalb von NRW und wird auch durch alle Verkehrsunternehmen vertrieben. Die Geltungsdauer des Tickets orientiert sich an den Belangen des Freizeit- und Einkaufsverkehrs (Mo-Fr ab 9.00 Uhr, am Wochenende und an Feiertagen ganztägig). Als erster Verbundfahrausweis in NRW wird das SchönerTagTicket NRW seit dem 14. Dezember 2001 über das Internet verkauft.
Grundstein der landesweiten tariflichen Zusammenarbeit der Akteure in NRW war im Übrigen das SchöneFerienTicket NRW. In den 80er und 90er Jahren wurden in verschiedenen Regionen in NRW regionale Tarifangebote für Schüler*innen während der Sommerferien geschaffen, die zunächst nur einzelne Tarifräume und – je nach regionaler Kooperationsform – auch nur den Busverkehr umfassten. Ziel dieses Tarifangebots war es, die für den ÖPNV während der Schulzeiten bedeutende Kundengruppe zu Grenzkosten als Kund*innen auch in den Ferienzeiten zu gewinnen. In der Folge wurden diese Tickets zur Steigerung der Attraktivität zu größeren räumlichen Geltungsbereichen zusammengefasst (z. B. Ferienticket Westfalen der Verkehrsgemeinschaften im westfälischen Raum). Hieraus wuchs die Vorstellung, ein abgestimmtes landesweites Tarifangebot für Schüler*innen während der Ferien zu schaffen. Als erster NRW-weit gültiger Fahrausweis wurde das Ferienticket von einem durch den VRR koordinierten Arbeitskreis konzipiert und 1996 am Markt etabliert. Darauf aufbauend richtete das Verkehrsministerium den „Landesarbeitskreis Tarif/Vertrieb NRW” (heute LAK Nahverkehr NRW) ein, der sich mit landesweiten Fragen der Tarifgestaltung beschäftigt und heute das entscheidende Gremium zur Weiterentwicklung des NRW-Tarifs darstellt.
Der Vertrieb der RelationspreisTickets stützt sich wesentlich auf den Vertrieb im SPNV. Zum Vertrieb der vollständigen Ticketpalette des NRW-Tarifs durch alle Eisenbahnverkehrsunternehmen wurde eine Vertriebshilfe NRW entwickelt, die den Verkehrsunternehmen in NRW kostenfrei zur Verfügung gestellt wird. Durch die nun erreichte Ertüchtigung des NRW-Tarifs bestehen seit dem 13.12.2015 verschiedene tarifliche Randbedingungen nicht mehr, die den Vertrieb insbesondere bei ÖSPV-Unternehmen erschweren. Deshalb ist es das Ziel der Vertriebspartner im NRW-Tarif, den Verkauf von RelationspreisTickets des NRW-Tarifs vergleichbar den PauschalpreisTickets bei möglichst vielen Verkehrsunternehmen einzurichten.
Um in den in NRW eingesetzten Fahrplanauskunftssystemen der Verbünde auch die zur Fahrplanauskunft zugehörige NRW-Tarif-Auskunft geben zu können, ist ein spezielles Tarifmodul entwickelt worden, auf das alle in NRW genutzten Fahrplanauskunftssysteme der Verkehrsverbünde und Verkehrsgemeinschaften zugreifen können. Seit Herbst 2006 beherrscht das Tarifmodul auch die Erstellung von Ticketempfehlungen entsprechend der Reiseprofile der Kund*innen (Tarifberatung). Unabhängig vom NRW-Tarif-Modul beherrscht die Fahrplanauskunft der DB die Ticketpreise des NRW-Tarifs.
Akteure
Die Umsetzung der Tarifkonzeption für das Land Nordrhein-Westfalen hat einen hohen Abstimmungsbedarf erfordert, der auch mit der Weiterentwicklung des NRW-Tarifs bestehen bleibt – sowohl in den Regionen als auch landesweit. Die Initiierung und Moderation des Landes ermöglichen dabei, alle relevanten Gruppen – unmittelbar Beteiligte und Experten sowie die Fahrgäste – einzubeziehen.
Das Konzept des NRW-Tarifs haben die Tarifexpert*innen der Verkehrsverbünde, Verkehrsgemeinschaften, Verkehrsunternehmen und Zweckverbände unter Federführung des Kompetenzcenters Marketing NRW (KCM) unter Mitwirkung des Verkehrsministeriums NRW entwickelt und im Landesarbeitskreis Nahverkehr NRW verabschiedet. Von dort aus und über das KCM ist der NRW-Tarif in die Regionen getragen worden. Zur Abstimmung von Sachfragen des NRW-Tarifs moderiert das KCM eine regelmäßig tagende Arbeitsgruppe aus Vertretern der Tarifräume sowie ausgewählten Verkehrsunternehmen.
Probleme und Aufgaben
Mit Einführung des NRW-Tarifs wurde ein großes Ziel bei der Harmonisierung der Tarife erreicht. Der konstruktive Dialog zur Tariflandschaft in NRW in den heutigen Tarifräumen und bei den Verkehrsunternehmen ist damit jedoch nicht beendet. Er wird weiterhin vom Land initiiert und unterstützt. Der NRW-Tarif verlangt auch zukünftig Abstimmungen über das Ticketsortiment, Preisanpassungen und Weiterentwicklung des Systems. So wurde z. B. im Sommer 2019 mit dem NRWupgradeAzubi ein Ticketangebot geschaffen, dass den Geltungsbereich der regionalen Azubi-Tickets auf ganz NRW erweitert. Die Vorbereitung des eTarifs NRW, der Anfang Dezember 2021 an den Start ging, stellte eine große Herausforderung für die NRW-Tariflandschaft dar. Ganz aktuell wird die Einführung des Deutschlandtickets Auswirkungen auf den NRW-Tarif haben.
Ferner bedarf die Interaktion von NRW-Tarif und Verbundtarifen an den Nahtstellen der Tarife der ständigen Pflege. Die Akteur*innen im NRW-Tarif arbeiten kontinuierlich an der Beseitigung erkannter Schwachstellen und tragen hierdurch zur Zukunftsfähigkeit des NRW-Tarifs bei.