Das weiße LOOP On-Demand der Stadtwerke Münster fährt mit Passagieren über eine Landstraße in grüner Umgebung
Foto: Stadtwerke Münster

On-Demand-Verkehr

Ver­öf­fent­licht am

Flexible Bedienungsformen wie Anruf-​Sammeltaxen und Taxibusse sind im kommunalen ÖPNV seit vielen Jahren weit verbreitet und zählen zum Instrumentarium einer effizienten ÖPNV-​Gestaltung in ländlichen Regionen oder in städtischen Vororten. Aktuell werden unter dem Namen „On-​Demand-Verkehr“ neue flexible Angebote geschaffen, die sich an den bisherigen flexiblen Bedienungsformen orientieren, aber eine digitale Buchungsmöglichkeit nutzen sowie Algorithmen für die Fahrtenplanung verwenden.

Ausgangslage


On-Demand-Angebote verkehren vollständig flexibilisiert:

  • es gibt keine Fahrplan- und keine Linienwegbindung,

  • Fahrten werden nur nach Bedarf durchgeführt,

  • Kleinbusse oder Pkw kommen zum Einsatz.

Die Angebote sind weitgehend digitalisiert:

  • Die Systeme verwenden eine digitale Buchungsmöglichkeit (i.d.R. kommen Smartphone-​Apps zum Einsatz). Nach einmaliger Registrierung erfolgt die Buchung. Hierzu geben die Kund*innen ihren Start-​ und Zielort ein, die Personenzahl und ggf. das vorhandene Ticket.

  • Die Fahrtwünsche der Kund*innen werden über einen Optimierungsalgorithmus miteinander kombiniert („Ride-​Pooling“). Per App oder telefonisch erhält der Fahrgast den Fahrpreis, den Abholort und die Abholzeit.

  • Die Bezahlung der Fahrt erfolgt bargeldlos, meist über die in der Smartphone-​App hinterlegten Zahlungsmöglichkeiten oder selten auch im Fahrzeug.

  • „Haltestellen“ bestehen virtuell, sind also nur in der Smartphone-​App sichtbar. Dadurch entsteht eine sehr große Anzahl an Start-​ und Zielpunkten mit der Folge, dass die Zu-/ Abgangszeiten zum ÖPNV entsprechend verkürzt werden.

On-​​Demand-Verkehre ergänzen das vorhandene ÖPNV-​​Angebot in nachfrageschwachen Zeiten oder in der Fläche. Gerade für die Feinerschließung in Stadtteilen und für die Bedienung der letzten Meile oder auch als Grundangebot im ländlichen Raum können On-​​Demand-Verkehre einen Beitrag zur Mobilitätssicherung leisten und eine Alternative zum privaten Pkw bieten.

Der Fahrpreis bewegt sich in der Regel zwischen dem Nahverkehrs-​ und dem Taxitarif. Angewendet werden z. B. der Verbundtarif vor Ort, der Verbundtarif mit Zuschlag oder ein eigenständiger elektronischer Tarif.

Akteure


Grundsätzlich lassen sich zwei Arten von Projekten unterscheiden. Zum einen Projekte, die unter Beteiligung von Akteuren des ÖPNV organisiert werden (Verkehrsunternehmen, Verbünde, Aufgabenträger). Zum anderen Projekte, die durch die Industrie vorangebracht werden (Anbieter von Ride-​Pooling-Systemen).

In NRW sind bereits in mehreren Städten On-​Demand-Verkehre gestartet, die Bestandteil des Verkehrsangebotes eines kommunalen Verkehrsunternehmens sind, z. B. in Duisburg, Wuppertal, Köln, Münster und Bielefeld. Wesentliche Merkmale sind:

  • Die Verantwortung für Fahrpersonal, Betriebsführung und Fahrzeuge liegt entweder bei den Verkehrsunternehmen selbst oder es bestehen Kooperationen mit On-​Demand-Anbietern bzw. mit lokalen Taxiunternehmen.

  • Die Verkehre sind zumeist in den vor Ort gültigen Tarif integriert oder die Verbundräume entwickeln eigenständige On-Demand-Tarife.

  • Die Gestaltung der Fahrzeuge greift das Logo des Verkehrsunternehmens auf.

  • Aus genehmigungsrechtlichen Gründen sind als Ein- und Ausstiegspunkte Haltestellen festgelegt. Sie liegen in den meisten Fällen nur virtuell vor. Dadurch ist eine große Anzahl Halte möglich, so dass die Fußwege zur nächsten Haltestelle sehr kurz sind.

  • Die notwendige Software (Hintergrundsystem, Fahrgast-​App, Disponenten-​App bzw. Weboberfläche sowie Fahrer*innen-​App) bringen On-​Demand-Anbieter mit. Die Software wird aber auch von Unternehmen angeboten, die ausschließlich Software für Drittanwendende entwickeln und vertreiben.

Neben den in das Nahverkehrsangebot eingebundenen On-Demand-Verkehren gibt es auch kommerzielle On-Demand-Angebote in NRW. Diese On-Demand-Verkehre werden durch Anbieter von Ride-Pooling-Systemen koordiniert und betrieben. Merkmale sind u.a. die Gestaltung der Fahrzeuge und Smartphone-Apps im Design des Anbieters und die Anwendung eines unternehmenseigenen Tarifs.   

Im ländlichen Raum sind ebenfalls On-Demand-Angebote eingerichtet oder befinden sich in der Planung. Das Land NRW fördert den Ausbau von On-Demand-Verkehren im ländlichen Raum. Im Rahmen der ÖPNV-Offensive stehen hierfür bis 2031 insgesamt 120 Millionen Euro zur Verfügung. Als ersten Baustein hat das NRW-Verkehrsministerium den Landeswettbewerb „Mobil.NRW – Modellvorhaben innovativer ÖPNV im ländlichen Raum“ ausgerufen. 15 Projekte wurden ausgewählt, die von der Landesförderung profitieren. Durch die Modellprojekte sollen Wege gefunden werden, wie in eher ländlich geprägten und suburbanen Räumen ÖPNV-Angebote neu geschaffen oder die bestehenden Angebote attraktiver werden können.

Das "Zukunftsnetz Mobilität NRW" unterstützt Städte, Gemeinden und Kreise bei der Entwicklung nachhaltiger Mobilitätskonzepte, so auch bei der Einführung von On-Demand-Verkehren. Es stehen drei regionale Koordinierungsstellen dienstleistend und beratend zur Verfügung, um die strukturellen Voraussetzungen zu schaffen und konkrete Projekte anzustoßen.

Ausgewählte Projekte in NRW


Beispiele für Projekte in Städten:

Als bundesweit erstes Verkehrsunternehmen hat die Duisburger Verkehrsgesellschaft (DVG) einen On-Demand-Verkehr mit Smartphone-App eingerichtet. Das Pilotprojekt myBus ist im Oktober 2017 in vier Duisburger Stadtteilen gestartet und war zunächst für drei Jahre angelegt. 2018 wurde das Projekt um weitere Stadtteile ergänzt und 2019 auf das gesamte Stadtgebiet ausgeweitet. Im Herbst 2020 ist das Projekt um ein Jahr verlängert worden. Seit September 2021 ist das Pilotprojekt beendet und myBus in den Regelbetrieb übergegangen. Die myBus-​Kleinbusse waren zunächst in der Schwachverkehrszeit am Wochenende im Einsatz. Seit 2021 verkehren sie täglich in den Abend- und Nachtstunden. Entwickelt wurde das Hintergrundsystem von dem Berliner Technologieunternehmen door2door. Der Preis für eine Fahrt richtet sich nach einem durch den Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) festgelegten On-Demand-Tarif. Er wird nach Luftlinie berechnet. Ermäßigungen gibt es u.a. für Abo-Kund*innen und für Mitfahrende. Mit Umstellung auf eine neue myBus DVG-App im Frühjahr 2023 arbeitet die DVG jetzt mit dem Technologieanbieter Via zusammen. Die neue App ermöglicht auch Vorbestellungen. Geplant ist der sukzessive Ersatz der dieselbetriebenen Fahrzeuge durch elektrische Kleinbusse.

Einen vergleichbaren Service bietet die SWK Stadtwerke Krefeld AG seit Sommer 2019 mit mein SWCar täglich abends ab 18 Uhr bis 1.00 Uhr nachts, in den Wochenendnächten bis 4.00 Uhr. Plug-In Hybridfahrzeuge, gebaut nach dem Vorbild der Londoner Taxen, holen die maximal sechs Fahrgäste an einem der rund 20.000 virtuellen Haltepunkte in ganz Krefeld ab und bringen sie zum gewünschten Zielort. Für die Durchführung der Fahrten kooperiert die SWK mit einem Taxiunternehmen. Die Smartphone App wurde von der Frankfurter Firma ioki entwickelt, einem Tochterunternehmen der Deutschen Bahn für On-Demand-Verkehre.

In Wuppertal setzt die WSW mobil seit Herbst 2020 ebenfalls elektrisch angetriebene „London Taxi“ ein. Unter dem Namen holmich! App wurden zunächst drei Stadtbezirke täglich von morgens bis abends, am Wochenende auch nachts bedient. Im Frühjahr 2022 ist ein vierter Stadtbezirk hinzugekommen. Die Software der Hol mich! App wurde von ViaVan entwickelt, einem Anbieter von Ride-​Pooling Services und Software-​Lösungen. Das Unternehmen übernimmt auch den Betrieb der Flotte. Der On-​Demand-Verkehr der WSW mobil ist Teil des Forschungsprojekts „Bergisch Smart“. Auf Grundlage der Erfahrungen in Wuppertal wollen die Projektpartner digitale Mobilitätslösungen entwickeln, die auf andere Kommunen übertragbar sind.

Im gesamten Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) basieren die Kosten für die Fahrt mit einem durch ein Verkehrsunternehmen organisierten On-Demand-Verkehr auf einem eigens hierfür entwickelten Tarif. Der berechnete Gesamtpreis für eine Fahrt ergibt sich aus einem Grundpreis und möglichen Ab- und Zuschlägen. Der Grundpreis ist abhängig von der Länge der Strecke (Luftlinie). Abschläge erhalten Abo-Zeitkarten-Inhaber*innen, Schwerbehinderte und Kinder (-25 %) sowie Mitfahrende (-50 % für den 1. Mitfahrenden, -75 % für den 2. und 3. Mitfahrenden, -100 % für den 4. und 5. Mitfahrenden). Auch Boni und Sonderangebote im Rahmen von Rabattaktionen können die Verkehrsunternehmen gewähren. Zuschläge können bei besonderen Verkehren auf den Grundpreis aufgeschlagen werden (z. B. zu Zeiten von Messen, Silvester oder Karneval).

Ende 2020 ist in Köln das zunächst für vier Jahre angelegte On-Demand-Projekt Isi gestartet. Für die Testphase wurden drei Stadtbereiche ausgewählt. In zwei Stadtbereichen, in denen Defizite bei der Feinerschließung bestehen, verkehrt Isi tagsüber außerhalb der Hauptverkehrszeit (8 – 15 Uhr), seit Sommer 2023 auch in der nachmittäglichen Hauptverkehrszeit (15 – 18 Uhr). Dieses Angebot richtet sich vorrangig an Senior*innen und mobilitätseingeschränkte Personen. Ergänzend zum bestehenden ÖPNV-Angebot ist der On-Demand-Verkehr auch in der Kölner Innenstadt im Einsatz, und zwar in der Schwachverkehrszeit am Wochenende. Isi kann sowohl über die Smartphone-​App als auch telefonisch gebucht werden. Das Angebot ist in den regulären Tarif des Verkehrsverbunds Rhein-​Sieg (VRS) integriert (Abokund*innen können tagsüber kostenlos fahren, Gelegenheitskund*innen zahlen den normalen VRS-​Tarif). Auch NRW-​Tickets und Deutschlandtickets können tagsüber für die Fahrt genutzt werden. Nachts wird für alle Fahrgäste ein Zuschlag erhoben. Die Tickets werden über die Smartphone-​App abgerechnet oder bargeldlos im Fahrzeug bezahlt. Als Partner hat die KVB ViaVan an der Seite. Nach einer ersten Evaluierung im Herbst 2022 sind das Bedienungsgebiet und die Bedienungszeiten im Sommer 2023 ausgeweitet worden. Vor dem Ende des Pilotzeitraums im Dezember 2024 soll das Angebot erneut evaluiert und eine Entscheidung für die Zukunft von Isi getroffen werden.

Beispiele für On-Demand-Verkehr im städtischen Raum in NRW, die Bestandteil des Verkehrsangebots eines Verkehrsunternehmens sind:

Name Stadt Verkehrsunternehmen Start
myBus Duisburg Duisburger Verkehrsgesellschaft (DVG) Oktober 2017
SWCAR Krefeld SWK Stadtwerke Krefeld AG August 2019
meinAnton Bielefeld moBiel Oktober 2019
Revierflitzer Oberhausen Stadtwerke Oberhausen GmbH (STOAG) Juni 2020
Hol mich! App Wuppertal WSW mobil Oktober 2020
Isi Köln Kölner Verkehrsbetriebe AG (KVB) Dezember 2020
Shuttle - Holt dich ab Gütersloh Stadtwerke Gütersloh Dezember 2020
Bussi Essen Ruhrbahn März 2021
Flexy Düsseldorf Rheinbahn AG März 2023
Op Jück Mönchengladbach NEW AG April 2023

Beispiele für Projekte im ländlichen Raum:

Seit September 2020 ist im Süden von Münster das On-Demand-Angebot LOOP unterwegs. Das Pilotprojekt wird durch das Land NRW gefördert (im Rahmen des Landeswettbewerbs „mobil.nrw – Modellvorhaben innovativer ÖPNV im ländlichen Raum“) sowie durch die Stadt Münster. Betreiber sind die Stadtwerke Münster. Das Konzept und die Routensteuerung wurden von door2door entwickelt. Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt durch die Fachhochschule Münster. Das Angebot war zunächst auf drei Jahre angelegt. Da die Fördermittel für eine Fortsetzung des Projekts ausreichen, wurde LOOPMünster um ein Jahr bis Herbst 2024 verlängert. Der Bedienungszeitraum orientiert sich wochentags an den ÖPNV-​Betriebszeiten (5 Uhr morgens bis 2 Uhr nachts). Am Wochenende findet die Bedienung rund um die Uhr statt. Fahrten mit LOOP werden durch das Buchungssystem nur angeboten, wenn keine Alternative im Busverkehr besteht. Eingesetzt werden London-​Taxen. LOOP war zunächst in den örtlichen Tarif integriert, konnte also mit einem gültigen Abo oder Ticket des WestfalenTarifs ohne Aufpreis genutzt werden. Nach zweieinhalb Jahren wird im Rahmen des Pilotprojekts jetzt die Wirkung eines Aufpreises in Höhe von einem Euro pro Fahrt getestet.

In der Stadt Gronau ist die Umstellung des Stadtbusverkehrs auf ein digitales und nach Bedarf gesteuertes Angebot im Sommer 2021 erfolgt. Das Angebot G-Mobil fungiert als Zu- und Abbringer zum Schienenpersonennahverkehr bzw. zu Regionalbus-​Achsen mit dichter Bedienung, erschließt zusätzliche Stadtbereiche, verkehrt im Vergleich zum bisherigen StadtBus-System zu ausgeweiteten Betriebszeiten und soll mit weiteren ergänzenden Mobilitätsangeboten verknüpft werden, z. B. an Mobilstationen. Die Buchung erfolgt per App oder per Telefon. Das G-Mobil ist vollumfänglich in den WestfalenTarif integriert. Es entstehen also keine Zusatzkosten gegenüber dem normalen Busverkehr und Abos sind problemlos nutzbar. Das Projekt „On-​​Demand-Verkehr in Gronau“ wird bis Ende 2023 im Rahmen des Landeswettbewerbs „mobil.nrw – Modellvorhaben innovativer ÖPNV im ländlichen Raum“ gefördert. Ab dem Jahr 2024 wird das G-Mobil als Regelangebot durch die Stadt Gronau finanziert und ist damit einer der ersten On-Demand-Verkehre im ländlichen Raum, die in den Regelbetrieb übergehen. Konzessionär ist die RVM Regionalverkehr Münsterland GmbH.

HELMOstartete im Rahmen des Projekts MobiHell als Pilot für den erstmaligen Betrieb eines On-Demand-Verkehrs im Kreis Soest. Mit Helmo werden bestehende bedarfsgesteuerte ÖPNV-Angebote weiterentwickelt und ein neues Angebot zur Erschließung von bislang vom ÖPNV schwach bedienten Räumen erprobt. Helmo erweitert das Verkehrsangebot in Anröchte sowie zwischen Erwitte und Bad Sassendorf. Auch Helmo ist vollständig in den WestfalenTarif integriert. Die Bestellung über App und Telefon ermöglicht die Nutzung für alle Altersgruppen. Das Projekt Helmo startete im September 2021, der Förderzeitraum endete Ende August 2022. Die Kosten für den Betrieb in dieser Laufzeit wurden zu 80 % durch das Wirtschaftsministerium NRW gefördert und zu 20°% aus Eigenmitteln des Kreises Soest. Seit September 2022 erfolgt die Finanzierung durch die beteiligten Gemeinden. Die Kosten für die On-Demand-Software und das CallCenter trägt weiterhin der Kreis Soest. Nach erfolgreichem Projektabschluss soll Helmo nun im Kreisgebiet weiter ausgebaut werden. Für Lippetal und Ense gibt es Überlegungen, ebenfalls einen On-Demand-Verkehr unter der Marke Helmo einzurichten. Federführend bei der Umsetzung ist die RLG Regionalverkehr Ruhr-Lippe GmbH.

Weitere Beispiele für On-​​Demand-Angebote im ländlichen Raum in NRW sind:

  • HOLIBRI in Höxter (seit Dezember 2021),
  • Rhesi in Neunkirchen-​Seelscheid im Rhein-Sieg-Kreis (seit August 2021),
  • monti in Wiehl, Nümbrecht und Marienheide im Oberbergischen Kreis (seit November 2021),
  • Hüpper in Hürth (seit Oktober 2021) und
  • efi in Teilen von Leverkusen und in der Gemeinde Odenthal im Rheinisch-Bergischen-Kreis (seit Dezember 2022). 

Eine grafische Übersicht von On-Demand-Angeboten in NRW steht auf mobil.nrw bereit.

Probleme und Aufgaben


Die Zahl der digitalisierten On-​​Demand-Verkehre nimmt in Städten, in Stadt-​​Umland-Räumen und im ländlichen Raum stetig zu. Sie werden meistens von der örtlichen Politik vorangetrieben. Im ländlichen Raum trägt insbesondere die ÖPNV-​​Offensive des Landes NRW dazu bei, On-​​Demand-Angebote zu entwickeln. Auch die Novelle des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) im Jahr 2021 hat zu einem deutlichen Zuwachs an On-​Demand-Angeboten beigetragen. In Deutschland gab es Anfang 2019 etwa ein Dutzend solcher On-​Demand-Angebote. Ende 2023 werden es mit über 80 Projekten bereits viermal so viele sein (Quelle: VDV).

Die derzeit in NRW laufenden On-​​​Demand-Angebote sind zunächst befristet gestartet. Als Pilotprojekte bieten sie die Möglichkeit, während der Laufzeit Anpassungen im Angebot vorzunehmen (z. B. Veränderung des Bedienungsgebietes oder der Betriebszeit). So werden verschiedene Angebotsformen getestet und zunächst Erfahrungen gesammelt. Die meisten Projekte wurden durch Fördergelder unterstützt. Erst wenige Angebote sind von der Pilotprojektphase in den Regelbetrieb übergegangen wie z. B. myBus in Duisburg oder Helmo im Kreis Soest. Bei vielen On-​Demand-Angeboten steht zeitnah der Übergang vom Pilotprojekt zum Regelbetrieb an. Eine dauerhafte Finanzierungsgrundlage fehlt allerdings zzt. noch. Erschwerend kommt die aktuelle Kostensituation bei Personal, Energie, Kraftstoffen und Material hinzu.

Bei der Finanzierung ist zu berücksichtigen, dass bedarfsgesteuerte Angebote im Vergleich zu Linienangeboten mit Stadt- oder Regionalbussen deutlich höhere Kosten pro Platz-km aufweisen. Das liegt im Wesentlichen an den kleineren Fahrzeugen mit meist sechs Sitzplätzen. Die Stückkosten (Euro/Platz-km) betragen im Linienbedarfsverkehr etwa das 7 bis 10-fache gegenüber dem Stadt- und Regionalbusverkehr. Die Erlöse sind jedoch nur geringfügig höher als im Linienbusverkehr (Quelle: Gutachten über die Finanzierung von Leistungskosten der öffentlichen Mobilität, VDV und Roland Berger, 2021).

Um den Einsatz neuer Bedienmöglichkeiten zu evaluieren, hat das Kompetenzcenter Digitalisierung (KCD) die „Potenzialanalyse Ridepooling Ruhrgebiet“ durchgeführt. Auf diese Weise sollen sinnvolle Ergänzungen des ÖPNV identifiziert und Handlungsempfehlungen ausgearbeitet werden, die der Politik als Entscheidungsgrundlage dienen: wie können Ridepooling-​Dienste in Zukunft eingesetzt werden und welche Rahmenbedingungen sollten für die Umsetzung in NRW geschaffen werden? Seit April 2022 liegen die Ergebnisse der Potenzialanalyse für das Ruhrgebiet nun vor: On-​Demand-Verkehre sind eine sinnvolle Ergänzung des ÖPNV – und zwar insbesondere in ländlichen Regionen, in den Abend-​ und Nachtstunden im urbanen Raum sowie für kommunenübergreifende Verbindungen.

In einem Folgeprojekt wurden die Ergebnisse der Potenzialanalyse vertieft und ein Umsetzungsmodellvorschlag für ein einheitliches On-​Demand Ridepooling System in NRW entwickelt. Ein Kernergebnis: Die landesweit standardisierte Etablierung von On-​Demand Ridepooling Verkehren ist eine Gemeinschaftsaufgabe der nordrhein-​westfälischen Nahverkehrsakteure: Land, Verbünde sowie kommunale Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen. Der Umsetzungsmodellvorschlag beschreibt die Verantwortlichkeiten und veranschaulicht fünf Kernbereiche zum Aufbau von On-​Demand Systemen (Planung, Betriebsverantwortung, Technologieplattform, Fahrbetrieb, Fahrzeugflotte). Das KCD hat auf seiner Website „Potenzialanalyse Ridepooling Ruhrgebiet des KCD NRW – Folgeuntersuchung“ die „Potenzialanalyse Ridepooling Ruhrgebiet“ und das Folgeprojekt „Konzeptvorschlag eines Umsetzungsmodells für ein einheitliches On-Demand Ridepooling System in NRW“ veröffentlicht.

Ein großer Vorteil gegenüber den herkömmlichen flexiblen Bedienungsformen wie AST oder TaxiBus ist bei den neuen On-​Demand-Angeboten der hohe Grad der Digitalisierung. Er ermöglicht kurze Dispositionszeiten und effektives Ride-​Pooling. Durch die universelle Verfügbarkeit von Smartphones wird die Kommunikation mit dem On-​Demand-Anbieter erleichtert. Auch junge Menschen („digital natives“) werden angesprochen.

Nachteilig sind die Implementierungskosten, die für Hintergrundsystem, Fahrgast-​App und Fahrer*innen-​App zunächst investiert werden müssen. Auch entstehen im Gegensatz zu AST- und TaxiBus-​Verkehren, die in der Regel Fahrzeuge des Taxen-​ und Mietwagengewerbes nutzen, Kosten für die Anschaffung von eigenen Fahrzeugen für den On-​Demand-Verkehr. Durch den im Vergleich zum Taxitarif geringeren Fahrpreis, müssen die Einnahmen über das Ride-​Pooling mit möglichst hoher Auslastung der Fahrzeuge erzielt werden. Wesentlich hierfür ist ein gutes Marketing und ein einfacher Zugang zum Angebot. Meist sind nur große Verkehrsunternehmen in der Lage, digitale On-​Demand-Verkehre anzubieten. Für den ländlichen Raum bietet die Förderung durch das Land NRW im Rahmen der ÖPNV-​Offensive eine Möglichkeit zur Implementierung neuer Angebote.

Durch die Novellierung des PBefG im Jahr 2021 sind unter anderem rechtliche Grundlagen für neue Bedienformen im Bereich bedarfsgesteuerter Ride-​​Pooling-Angebote geschaffen worden. Dazu wurden sowohl eine neue Form des Linienverkehrs innerhalb des ÖPNV (§ 44 PBefG - Linienbedarfsverkehr) als auch eine neue Form des Gelegenheitsverkehrs außerhalb des ÖPNV (§ 50 PBefG - gebündelter Bedarfsverkehr) in das PBefG eingeführt.

Als Linienbedarfsverkehr (§ 44 PBefG) werden Verkehre verstanden, die Fahrgäste auf vorherige Bestellung innerhalb eines festgelegten Bediengebiets und zu festgelegten Bedienzeiten, aber ohne festen Linienweg, zwischen bestimmten Einstiegs-​​ und Ausstiegspunkten befördern. Fahrtwünsche sollen gebündelt werden. Es gelten dabei die ÖPNV-​​Tarife und -​​Bedingungen, die von den kommunalen Aufgabenträgern festgelegt werden (Betriebs-​, Beförderungs-​ und Tarifpflicht wie im Linienverkehr). Dabei kann ein Zuschlag je Fahrt erhoben werden. Diese Linienbedarfsverkehre sollen den ÖPNV ergänzen, verdichten oder ggf. ersetzen, insbesondere im ländlichen Raum bzw. in Randbezirken der Ballungsräume, wo die Nachfrage im Tagesverlauf stark schwankt oder generell niedrig ist. Aufgrund der Zuordnung der Linienbedarfsverkehre zum ÖPNV sind diese auch Teil der Daseinsvorsorge. 

Bei den gebündelten Bedarfsverkehren (§ 50 PBefG) handelt es sich um privatwirtschaftliche Angebote, die außerhalb des ÖPNV das Verkehrsangebot ergänzen. Auf vorherige Bestellung kann ein Fahrtwunsch – meist über eine webbasierte Plattform – mit gleichgerichteten anderen Fahrtwünschen entlang ähnlicher Wegstrecken gebündelt werden. Dieses digitalbasierte Verkehrsangebot darf ausschließlich auf vorherige Bestellung fahren, es unterliegt nicht der Betriebs-​​ und Beförderungspflicht und hat grundsätzlich auch keine Pflicht zur Rückkehr zum Betriebssitz. Um die öffentlichen Verkehrsinteressen vor Ort zu schützen, erhalten die Kommunen als Genehmigungsbehörden die notwendigen Steuerungsmöglichkeiten.

Mit diesen neuen Rechtsgrundlagen werden die Anforderungen an die On-​​Demand-Verkehre eindeutig und rechtssicher geregelt. Zusätzlich bleiben auch Möglichkeiten für die Genehmigung und Erprobung ganz neuer Verkehrsformen erhalten, die in der Zukunft entwickelt werden und ggf. auch nach Einführung der genannten neuen On-​​Demand-Verkehrsformen nicht eindeutig einer Verkehrsart zugeordnet werden können (§ 2 Absätze 6 oder 7 PBefG). Grundsätzlich bedarf jede entgeltliche oder geschäftsmäßige Personenbeförderung der Genehmigung.