Grenzüberschreitender ÖPNV
Nordrhein-Westfalen besitzt enge kulturelle und wirtschaftliche Beziehungen zu seinen westlichen Nachbarn: den Niederlanden und Belgien. Ein gutes grenzüberschreitendes ÖPNV-Angebot bringt die Menschen von beiden Seiten der Grenze zueinander.
Wenn von Europa die Rede ist, wird oft vom "Europa der Regionen" anstatt vom Europa nationaler Staaten gesprochen. In diesem Zusammenhang spielen Grenzräume für eine wirkliche europäische Integration der Regionen eine entscheidende Rolle. Öffentlicher Nahverkehr ist dabei ein "Integrations-Katalysator", weil er dem integrationsfördernden Kontakt der Menschen über Staatsgrenzen hinweg dient.
Gerade im Umfeld größerer Städte in Grenzlage hat sich vereinzelt ein durchaus attraktives grenzüberschreitendes Nahverkehrsangebot mit Eisenbahnlinien, Regional- und auch Stadtbuslinien entwickelt. Damit werden die Bedürfnisse von Grenzpendler*innen im Berufsverkehr und die Bedürfnisse der zunehmenden Zahl Studierender an Hochschulen diesseits und jenseits der Grenze ebenso erfüllt wie die Interessen einer weiteren wichtigen Nutzergruppe, die “Shopping-Touristen”. Solche städtisch verdichteten Regionen finden sich in Nordrhein-Westfalen an der Grenze nach Belgien und den Niederlanden in Aachen, Venlo, Nijmegen, Bocholt und Enschede.
Ausgangslage
Während in den vergangenen Jahren signifikante Verbesserungen im grenzüberschreitenden Hochgeschwindigkeitsverkehr zwischen den europäischen Metropolen erreicht werden konnten (z. B. Thalys zwischen dem Ruhrgebiet, dem Rheinland, Brüssel und Paris, ICE nach Brüssel und Amsterdam), bewegt sich der grenzüberschreitende öffentliche Personenverkehr auf nachbarörtlicher und regionaler Ebene nach wie vor in einem schwierigen Umfeld. Die Binnennetze der angrenzenden Länder besitzen häufig recht wenige Verknüpfungen und das vorhandene Bedienungsangebot der grenzüberschreitenden Linien ist in der Regel deutlich schwächer als im nationalen Netz üblich. Die Gründe für eine geringere Verkehrsnachfrage im grenzüberschreitenden Verkehr als im Binnenraum sind vielschichtig, lassen sich aber vereinfachend auf folgende Grenzbarrieren zurückführen:
Bestimmte, im Binnenverkehr stark vertretene ÖV-Nutzergruppen sind im grenzüberschreitenden Nahverkehr deutlich unterrepräsentiert. Steuerrecht, Unterschiede der Ausbildungsabschlüsse oder auch mangelnde Sprachkenntnisse hemmen Tätigkeiten auf der "anderen Seite" der Grenze, so dass sich grenzüberschreitend gar nicht so viele Berufspendelnde einstellen, die den ÖPNV nutzen könnten. Schüler*innen fehlen als grenzüberschreitende Nachfragegruppe im Regelfall vollständig, weil sich die Schulausbildung klar an kommunalen und damit an nationalen Grenzen orientiert. Eine Ausnahme hiervon stellen die Studierenden dar, die zunehmend durch die Internationalisierung des Hochschulbetriebs (z. B. Bologna-Prozess, Lehrveranstaltungen in englischer Sprache) auf der anderen Seite der Grenze ein Studium aufnehmen und hierzu täglich vom angestammten Wohnort über die Grenze pendeln.
Auch wenn der gesamte Nahverkehr in der Europäischen Union der gleichen Marktzugangsverordnung (EG VO 1370/2007) unterliegt, ergibt sich beim Grenzübertritt ein veränderter Rechts- und Finanzierungsrahmen für das Nahverkehrsangebot. Hieraus erwächst eine entscheidende Problemlage für Verkehrsunternehmen, die grenzüberschreitende Linien betreiben. Während das Angebot im Binnenverkehr im Regelfall durch den Aufgabenträger “grundfinanziert” ist, muss das Verkehrsunternehmen den Leistungsanteil im Nachbarland häufig “auf eigene Rechnung” erbringen, weil mit dem benachbarten Aufgabenträger überhaupt kein Vertrags- oder Finanzierungsverhältnis vorgesehen ist.
Einige Barrieren “produziert” das ÖPNV-Angebotssystem aufgrund der Grenzsituation selbst, beispielsweise durch unverhältnismäßig hohe Fahrpreise. Oft müssen 2 Tickets zum jeweiligen Binnentarif für eine grenzüberschreitende Fahrt gekauft werden. Zudem ist die Fahrgastinformation im Nachbarland vielfach lückenhaft. Nicht selten fehlen im örtlichen Informationssystem an den Haltestellen oder auf Netzplänen Hinweise auf die Linien, die aus dem Nachbarland über die Grenze kommen. Eine weitere Barriere stellt das Angebot selbst dar. Vielfach muss an der Grenze nochmals umgestiegen werden und Anschlüsse sind nicht immer gesichert. Diese Barrieren können nur überwunden werden, wenn alle Beteiligten auf beiden Seiten der Grenze gemeinsam und mit einem gewissen “Idealismus” für die grenzüberschreitende Idee an Verbesserungen arbeiten.
Nicht zuletzt stellt oft auch die unzureichende Infrastruktur ein Hemmnis für grenzüberschreitende Verbindungen dar. Auf vielen grenzüberschreitenden Schienenstrecken ist die Streckenleistungsfähigkeit gering (z.B. eingleisig), die Sicherungstechnik aufwändig oder Elektrifizierungslücken bzw. Systemwechselbahnhöfe erschweren den grenzüberschreitenden Betrieb.
Grenzüberschreitender ÖPNV bewegt sich in einem Spannungsfeld zwischen politisch Wünschenswertem und wirtschaftlich Machbarem. Einerseits ist sein Beitrag zur Integration von Grenzräumen unumstritten, andererseits müssen stets individuelle Lösungen zur Überwindung der oben genannten Barrieren gefunden werden, um erfolgreich grenzüberschreitende Angebote zu entwickeln.
Akteure
Im grenzüberschreitenden öffentlichen Nahverkehr zwischen Nordrhein-Westfalen und den Niederlanden bzw. Belgien sind mehrere Verkehrsunternehmen aktiv. Hervorzuheben für die Entwicklung des grenzüberschreitenden Verkehrs sind insbesondere folgende Unternehmen im Busverkehr:
die Aachener ASEAG betreibt mehrere grenzüberschreitende Stadtbus-, Regionalbus- und Nachtbuslinien in benachbarte Städte in den Niederlanden und Belgien, darunter je eine Gemeinschaftslinie mit der belgischen TEC und der Arriva NL,
die NIAG mit mehreren grenzüberschreitenden Buslinien, darunter die Schnellbuslinie SB 58 im Stundentakt zwischen den regionalen Zentren Kleve und Nijmegen,
der Stadtbus Bocholt mit einer Linie in den Ort Dinxperlo (NL), der mit dem deutschen Suderwick einen gemeinsamen Siedlungsraum bildet, sowie einer Linie nach Aalten (NL),
die Arriva NL mit mehreren grenzüberschreitenden Linien, u.a. der Buslinie 350 zwischen Maastricht und Aachen. Diese Linie ist eine der am häufigsten bedienten grenzüberschreitenden Buslinien Europas und verkehrt während der üblichen Geschäftsöffnungszeiten alle 15 Minuten, ansonsten alle 30 Minuten bis in die späten Abendstunden.
Derzeit gibt es in NRW sieben grenzüberschreitende SPNV-Linien in das benachbarte EU-Ausland. Besonders in den vergangenen Jahren wurde das Angebot kontinuierlich ausgebaut. Sechs Linien verkehren heute in die Niederlande und eine Linie bis Belgien:
RE 13: Venlo (NL) - Mönchengladbach - Düsseldorf - Wuppertal - Hagen - Hamm
RE 18: Maastricht (NL) - Heerlen (NL) - Herzogenrath - Aachen
RE 19: Arnheim (NL) - Emmerich - Wesel - Oberhausen - Duisburg - Düsseldorf
RE 29: Spa-Géronstère (B) - Verviers (B) - Aachen
RB 51: Enschede (NL) - Gronau - Coesfeld - Lünen - Dortmund
RB 61: Hengelo (NL) - Bad Bentheim - Rheine - Osnabrück - Herford - Bielefeld
RB 64: Enschede (NL) - Gronau - Burgsteinfurt - Münster
Die Anwendung eines Tarifs bis zu einem logischen Linienendpunkt jenseits der Grenze (als Ziel vieler Fahrten sowie als Verknüpfungspunkt zu weiteren Linien) kann zu einer spürbaren Belebung der grenzüberschreitenden Nachfrage führen. Dies belegt beispielsweise die vollständige Einbeziehung der Bahnlinie von Mönchengladbach nach Venlo in den VRR-Tarif im Jahr 2012. Zuvor mussten Reisende neben einem VRR-Ticket für den deutschen Streckenabschnitt bis Nettetal-Kaldenkirchen noch ein VRR-Zusatzticket für die 4 km lange Reststrecke bis Venlo erwerben. Der Bahnhof Venlo ist auch in den NRW-Tarif einbezogen.
Auch die Reaktivierung der zwischen 1981 und 2001 stillgelegten etwa 10 km langen Bahnverbindung zwischen Gronau und Enschede zeigt, dass der grenzüberschreitende ÖPNV Potenzial hat. So queren heute mehr als 2.000 Reisende täglich die Grenze in den halbstündlich verkehrenden Zügen, die ab Gronau jeweils stündlich weiter nach Dortmund (RB51) bzw. Münster (RB64) verkehren. Auch hier hat man zur Vermeidung neuer Nachfragebarrieren grenzüberschreitend den Westfalen-Tarif und den NRW-Tarif bis zum Bahnhof Enschede ausgedehnt. Die zuvor eingesetzte Buslinie hatte lediglich eine werktägliche Nachfrage von wenigen 100 Personen pro Tag. Im Interreg-Projekt EuregioRail wird aktuell der Ausbau der Strecke Enschede - Zwolle auf niederländischer Seite und der Strecken Münster - Enschede und Dortmund - Enschede auf deutscher Seite verfolgt.
Zur Vereinfachung des Ticketvertriebs sind mehrere SPNV-Linienabschnitte zu Bahnhöfen in den Niederlanden in den NRW-Tarif einbezogen worden. Hierzu zählen neben Venlo (RE 13) und Enschede (RB 51/64) auch die Bahnhöfe Arnhem und Zevenaar (RE 19) sowie Heerlen (RE 18).
Innerhalb der Euregio Maas-Rhein (Region um Aachen, Lüttich, Hasselt und Maastricht) koordiniert der Aachener Verkehrsverbund (AVV) als euregionale Koordinierungsstelle die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im ÖPNV. So konnte mit dem 1998 eingeführten Euregio-Ticket ein grenzüberschreitendes Tagesticket für den Gesamtraum geschaffen werden. Aktuell arbeiten im Interreg-Projekt emr connect unter Federführung des AVV 14 Partner*innen aus der Euregio Maas-Rhein gemeinsam an Maßnahmen zur Verbesserung des grenzüberschreitenden Öffentlichen Nahverkehrs. Seit 2020 ist zum euregioticket auch ein Fahrradticket erhältlich.
Im Rahmen des Forschungs- und Entwicklungsprogramms Horizon 2020 der Europäischen Union arbeiten verschiedene europäische Partner*innen aus neun Ländern im Projekt „Mobility as a Service (MaaS4EU)“ an der Realisierung einer grenzüberschreitenden Mobilitätsplattform. Diese soll vor dem Hintergrund der fortschreitenden Digitalisierung multimodale Verkehrsangebote (u. a. Mitfahrgelegenheiten im grenzüberschreitenden Kontext) berücksichtigen und die Vertriebswege im grenzüberschreitenden ÖPNV optimieren. Deutscher Partner im Projekt ist der AVV.
Um die Situation der in NRW wohnenden Studierenden der Universitäten in Enschede zu verbessern, können die in einem Verband zusammengeschlossenen Studierenden seit Herbst 2011 auch das solidarfinanzierte Semesterticket für das Münsterland und das SemesterTicket NRW (NRW-Erweiterung) erhalten. Dem vorangegangen war eine lange Diskussion, beispielsweise um genehmigungsrechtliche Fragen, da es sich um einen Hochschulstandort außerhalb der NRW-Verkehrsverbünde handelt und keine wie sonst übliche bindende Abnahme des Tickets durch alle Studierenden der Hochschule erfolgt.
Auch in der Euregio Maas-Rhein konnte für Studierende in Aachen die Gültigkeit des Semestertickets bis in die Niederlande ausgeweitet werden. Das Semesterticket ist für Studierende mehrerer Aachener Hochschulen gegen einen geringen Aufpreis auf mehreren Bahn- und Buslinien bis Maastricht gültig.
Am Beispiel der Bahnverbindung zwischen Aachen, Herzogenrath, Landgraaf, Heerlen und Maastricht (RE 18) zeigt sich, wie wichtig und wie komplex die internationale Zusammenarbeit für den reibungslosen Betrieb einer grenzüberschreitenden Nahverkehrslinie ist. Die Ausschreibung des Bus- und regionalen Schienenpersonenverkehrs in der niederländischen Provinz Limburg umfasste bereits die Verlängerung der niederländischen Inlandsverbindung zwischen Maastricht und Heerlen (Sneltrein) nach Aachen. In einer Kooperationsvereinbarung hatten zuvor die Provinz Limburg (Aufgabenträger für den Bus- und regionalen Schienenverkehr in der Provinz) und go.Rheinland als SPNV-Aufgabenträger im deutschen Streckenteil vereinbart, den durchgehenden Zugverkehr gemeinsam vertraglich zu bestellen. Aus oben genannter Ausschreibung ging das Verkehrsunternehmen Arriva Nederland als siegreicher Bieter hervor. Seit Januar 2019 erbringt das Verkehrsunternehmen den Zugverkehr als Beförderer auf Basis von 2 Verkehrsverträgen mit dem jeweils zuständigen Aufgabenträger beiderseits der Grenze. Da wegen der fahrplantechnisch kurzen Reisezeiten Elektrotriebwagen auf der Strecke eingesetzt werden müssen, war die vorherige Elektrifizierung des ca. 7 km langen Grenzabschnitts zwischen Landgraaf (NL) und Herzogenrath (D) durch die jeweiligen Infrastrukturbetreiber Prorail (NL) und DB Netze (D) erforderlich und zwar zeitlich synchronisiert, so dass beide Teilabschnitte zeitgerecht zur Betriebsaufnahme zur Verfügung standen. Tariflich wird auf der Gesamtstrecke sowohl die niederländische OV chipkaart (auf dem deutschen Abschnitt jedoch nur für grenzüberschreitende Fahrten), der auf dem AVV-Tarif aufbauende Übergangstarif Aachen – Heerlen, der NRW-Tarif sowie der internationale Bahntarif angewendet, im deutschen Streckenabschnitt ebenso der AVV-Tarif. Auch das Semesterticket NRW von Studierenden der RWTH Aachen, der FH Aachen und der Katholischen Hochschule ist gegen einen geringen Aufpreis bis Maastricht gültig. Arriva Nederland ist seit Dezember 2016 Verbundpartner im Aachener Verkehrsverbund und nimmt an allen Prozessen innerhalb des Verbundes wie der Einnahmenaufteilung teil.
Die konsequente Verbesserung der grenzüberschreitenden Verkehre kommt nach dem ÖPNV-Gesetz NRW eine besondere Bedeutung zu. Um dieser planerisch gerecht zu werden, wurde zusammen mit dem Ministerium für Verkehr, dem Kompetenzcenter Integraler Taktfahrplan (KC ITF NRW) und den Zweckverbänden die Arbeitsgruppe grenzüberschreitender ÖPNV (AG GrenzÖV) gegründet.
Probleme und Aufgaben
Gerade im grenzüberschreitenden Schienenverkehr sind ambitionierte Projekte zwischen Deutschland und den Niederlanden in den letzten Jahren bereits realisiert worden:
In der Verbindung Arnhem - Emmerich - Düsseldorf wird seit April 2017 wieder durchgehender Nahverkehr mit der Linie RE 19 im Stundentakt betrieben. Regionale Fahrten zwischen dem Niederrhein und Arnhem waren vorher kaum mehr mit dem Zug möglich, nachdem der Halt der Fernzüge Rheinland - Amsterdam in Emmerich Ende 2003 im Rahmen der Umstellung auf ICE-Züge vollständig entfallen war.
Seit dem Jahresfahrplan 2018 verkehrt die RB-Linie 61, die bislang stündlich von Bielefeld über Osnabrück und Rheine bis ins niedersächsische Bad Bentheim führt, bis nach Hengelo (NL). Vom Bahnknoten Hengelo bestehen regelmäßige IC-Verbindungen zu allen größeren Städten in den Niederlanden.
Zum Fahrplanjahr 2019 wurde der durchgehende Betrieb zwischen Aachen, Heerlen und Maastricht wieder aufgenommen. Der "Sneltrein" (hält nur an aufkommensstarken Halten) von Maastricht nach Heerlen, betrieben durch Arriva NL, wird hierzu einmal stündlich nach Herzogenrath sowie einmal stündlich über Herzogenrath hinaus nach Aachen verlängert und ersetzt den provisorischen Pendelverkehr Heerlen - Herzogenrath zwischen dem niederländischen und deutschen Eisenbahnnetz.
NRW steht im regelmäßigen Austausch mit den fünf angrenzenden niederländischen Provinzen und der belgischen Region Flandern mit dem Ziel, den grenzüberschreitenden Verkehr weiter zu verbessern.
Im Nahverkehr sind folgende Erweiterungen im grenzüberschreitenden SPNV geplant (SPNV-Zielnetz NRW 2032):
In die Niederlande:
RE 13: Die Verbindung wird ab Dezember 2026 von Düsseldorf über Venlo hinaus nach Eindhoven, der fünftgrößten Stadt der Niederlande, verlängert.
S 64: Die heutige Linie RB 64 wird von Münster kommend über Enschede und Hengelo hinaus bis nach Zwolle fahren.
RE 51 (heute RB 51): Die Verbindung von Dortmund in die Niederlande wird über Enschede hinaus zum Knotenpunkt Hengelo verlängert.
RE 18: Bereits länger geplant ist eine Verlängerung der Linie Aachen - Maastricht ins belgische Liège. Diese konnte wegen der fehlenden Zulassung der Fahrzeuge für das belgische Schienennetz bislang jedoch nicht realisiert werden.
Nach Belgien:
RE 29: Die heute in Spa endende Linie soll zukünftig bis Liège verkehren. Weiterhin ist eine Verlängerung bis Brüssel geplant. Auf deutscher Seite wird die Linie über Aachen hinaus nach Köln geführt.
RB 20: Die Strecke zwischen Stolberg und Eupen soll reaktiviert werden, wodurch eine zweite Direktverbindung nach Belgien geschaffen wird.
Die langfristige Perspektive für den SPNV in NRW sieht folgende Verbesserungen vor (SPNV-Zielnetz NRW 2040):
RE 10: Verlängerung der Linie Düsseldorf – Kleve bis ins niederländische Nijmegen.
RE 8: Zusätzlich zum RE 13 soll die Linie RE 8 ab Mönchengladbach nach Venlo weitergeführt werden.
S8: Angedacht ist eine Verlängerung der S-Bahn-Linie ab Mönchengladbach nach Roermond.
Zur Sicherung und Weiterentwicklung des grenzüberschreitenden Busverkehrs sind “intelligente” Lösungen gefragt, die die Grenze für die Nutzenden durchlässiger machen. Gänzlich neue, zusätzliche grenzüberschreitende Angebote, die den Binnenverkehr zur Grundfinanzierung des Aufwands nicht einbeziehen und ggf. nur von einer Seite der Grenze initiiert wurden, haben sich in der Vergangenheit als wirtschaftlich wenig tragfähig erwiesen. Wenn jedoch die jeweils nationale politische Verantwortlichkeit (Aufgabenträgerschaft) von beiden Seiten bis zu Grenze ragt, ist die Durchbindung zu einem grenzüberschreitenden Angebot im Wesentlichen nur noch eine technische Frage. Die maßgeblichen Stichworte im Zusammenhang mit dem grenzüberschreitenden Busverkehr sind:
Die volkswirtschaftliche Notwendigkeit zur Subventionierung des ÖPNV auf Abschnitten grenzüberschreitender Linien (von beiden Seiten jeweils bis zur Grenze) muss durch die nationale Gesetzgebung und beide betreffenden Aufgabenträger anerkannt werden.
Binnenverkehrslinien sollten - soweit möglich - zu grenzüberschreitenden Gemeinschaftslinien durchgebunden werden.
Noch aus der Vergangenheit bestehende “Bedienungsverbote” für Linienabschnitte "auf der anderen Seite der Grenze" sollten abgebaut werden.
Auch im benachbarten Ausland wird zunehmend das Papierticket von der elektronischen Chipkarte abgelöst und Verfahren des elektronischen Fahrgeld-Managements eingesetzt. Hierbei verläuft die Entwicklung vielfach deutlich anders als in Deutschland. Da Chipkarten immer eine besondere Kundenbindung aufweisen (man benötigt zunächst die Chipkarte als Zugangsmedium), besteht hier die Gefahr neuer Barrieren für Fahrgäste, die in den Anwendungsbereich hineinfahren (z. B. im grenzüberschreitenden Verkehr). Im Zuge der Ausrollung der OV Chipkaart in den Niederlanden wurden bestimmte negative Wirkungen auf den ein-/ausbrechenden Verkehr aus Deutschland schnell erkannt.
In dem von der EU geförderten Forschungsprojekt „European Travellers Club“ (ETC) im Rahmen von Horizont 2020 entwickelte eine internationale Arbeitsgruppe aus deutschen, niederländischen und belgischen Verkehrsunternehmen/-verbünden sowie des Kompetenzcenters Digitalisierung NRW (KCD) Lösungskonzepte für grenzüberschreitende Verkehre hinsichtlich der verschiedenen Tarife, der unterschiedlichen Vertriebsstrukturen und auch der jeweils nationalen Technologien (siehe auch Darstellung zum e-Ticketing in Europa und grenzüberschreitende Lösungen).
Aufbauend auf den Ergebnissen des Forschungsprojektes „European Travellers Club“ wird aktuell das Projekt „Easy Connect“ von AVV und seinen Partner*innen bearbeitet. Ziel ist der Aufbau eines grenzüberschreitenden, smartphone- und ID-basierten Ticketing-Systems. Nach Aufbau der Hintergrundsysteme ist im Herbst 2022 die erste Pilotphase zum Test des Systems auf der Strecke des RE 18 zwischen Maastricht und Aachen gestartet. In der ersten Stufe erwerben angemeldete Testkunden über die App des AVV ein Einzelticket zum ermäßigten Pauschalpreis. Getestet werden zunächst die Ausgabe und Kontrolle eines Barcodes, der sowohl in Deutschland als auch in den Niederlanden genutzt werden kann. Im weiteren Verlauf des Projekts sollen die technischen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass Kund*innen über einfaches Check-in und Check-out in ihrer App grenzüberschreitende Fahrten in einem länderübergreifenden eTarif durchführen können. Die Preisbildung erfolgt automatisch durch Kombination der eTarif-Module auf niederländischer und deutscher Seite. Die in dem Projekt eingesetzte ID-Ticketing-Technik ist nicht nur auf „klassische“ Bus- und Bahn-Angebote beschränkt: Sie schafft auch die Grundlage zur grenzüberschreitenden Nutzung multimodaler Verkehrsträger wie Carsharing- oder E-Scooter-Angeboten.