In verschiedenen Regionen Nordrhein-Westfalens kümmern sich ehrenamtliche Bahnhofspat*innen um "ihre" Station - vor allem um kleinere Haltepunkte, die nicht ständig mit Personal besetzt sind.
Engagierte Bürger*innen haben an vielen Stationen Patenschaften übernommen. Sie achten darauf, dass ihr Bahnhof sauber, funktionstüchtig und gepflegt bleibt, indem sie das Bahnhofsmanagement über Mängel wie fehlende Fahrpläne, starke Verschmutzungen oder Beschädigungen informieren. Durch ihre Meldungen helfen sie, die Station in Ordnung zu halten.
Ausgangslage
Von den 775 Bahnhöfen und Haltepunkten im Bahnnetz Nordrhein-Westfalens (Stand 09/2023) ist der weitaus größte Teil nicht durch örtliches Personal des Bahnhofsbetreibenden (zumeist DB InfraGO) besetzt, weil dies bei einem modernen Bahnbetrieb technisch nicht mehr erforderlich ist. Zwar wäre eine Besetzung aller Stationen während der Betriebszeiten zur Verbesserung der Aufenthaltsqualität, der sozialen Kontrolle oder des Service wünschenswert – dies wird aber wegen der Kosten auch langfristig nicht erreichbar sein.
Die unbesetzten Haltepunkte werden regelmäßig durch mobile Reinigungs- und Reparaturteams der Bahnhofsbetreibenden gewartet. Zwischen den Wartungsintervallen auftretende Probleme wie Verunreinigungen, Graffiti oder durch Vandalismus zerstörte Fahrgastinformationsanlagen werden jedoch vielfach erst Tage später durch das Unternehmen festgestellt.
Die Bahnhofspat*innen sind auf ehrenamtlicher Basis tätig. Ihre Aufgabe als regelmäßig Nutzende oder in der Nähe eines Bahnhofs / Haltepunkts Wohnende besteht im Wesentlichen darin, dass die Besonderheiten (z. B. Verschmutzungen, Vandalismus), die bei der täglichen Bahnfahrt oder bei der Bahnhofsvisite auffallen, an eine persönliche Kontaktperson beim Infrastrukturunternehmen per E-Mail oder Telefon zu melden. Das Infrastrukturunternehmen kümmert sich darum, dass ein gemeldeter Mangel zeitnah abgestellt wird.
Das Projekt „Bahnhofspaten“ nutzt eine Win-Win-Situation:
- Die ehrenamtlich tätigen Bahnhofspat*innen können ihre Kenntnisse zum Bahnhofsumfeld, über die sie beispielsweise durch die tägliche ÖV-Nutzung verfügen, gezielt und sinnvoll einbringen. Die Tätigkeit nutzt bei geringem zeitlichem Aufwand vielen Fahrgästen. Auch die Bahnhofspat*innen selbst profitieren so von einem ansprechenden Stationsumfeld, das durch ihre Tätigkeit erreicht wird.
- Durch die Meldungen der Bahnhofspat*innen können die Betreibenden schneller auf Vorkommnisse reagieren. Die beschleunigte Reaktion dämmt zudem den so genannten „Broken-Windows-Effekt“ ein („wo eh schon etwas kaputt ist, kann man noch mehr kaputt machen“), was die Kosten für den Erhalt der Stationen reduziert.
- Ein ansprechendes Bahnhofsumfeld dient als Visitenkarte für den ÖPNV und hilft, die Attraktivität des ÖPNV zu steigern und seine Akzeptanz zu erhöhen. Hierdurch besitzt das Projekt einen großen gesamtgesellschaftlichen Nutzen.
Beim Projekt „Bahnhofspaten“ werden keine Aufgaben der Betreibenden von Bahnstationen auf Ehrenamtliche übertragen. Die Betreibenden sparen auch kein Personal ein. Das vorhandene Personal kann jedoch gezielte Reinigungs- und Instandhaltungsarbeiten veranlassen und dadurch den Fahrgästen eine höhere Aufenthaltsqualität bieten. Da die Meldung der „Vorkommnisse“ durch ÖPNV-Kund*innen erfolgt, wird ferner die unmittelbare, ggf. deren sehr viel kritischere Wahrnehmung an das Unternehmen übermittelt.
Akteure
Das Projekt „Bahnhofspaten“ ist eine Gemeinschaftsinitiative der Deutschen Bahn InfraGO (vorher DB Station&Service) und des Verkehrsverbunds Rhein-Ruhr (VRR) in Zusammenarbeit mit dem Landesverkehrsministerium. Im Jahr 2000 wurde an der Station "Recklinghausen Süd" die erste Bahnhofspatenschaft in NRW als Pilotprojekt eingerichtet. Das Pilotprojekt diente der Erprobung des Konzepts und wurde seinerzeit durch das Landesverkehrsministerium gefördert.
Zurzeit kümmern sich 46 Bahnhofspat*innen um die in das Projekt einbezogenen 48 Bahnhöfe in Nordrhein-Westfalen (Stand: September 2024). Die betreuten Bahnhöfe befinden sich in ganz Nordrhein-Westfalen, wobei ein Schwerpunkt im Ballungsraum Rhein-Ruhr liegt.
Als Bahnhofspat*innen engagieren sich zahlreiche Berufspendelnde oder auch Studierende auf dem Weg zur Uni. Sie legen zusammen mit dem zuständigen Bahnhofsmanagement in einem Gespräch vor Ort individuell fest, welche Beobachtungsschwerpunkte sie setzen und wie intensiv sie sich um „ihren“ Bahnhof kümmern möchten bzw. können.
Probleme und Aufgaben
Das Projekt „Bahnhofspaten“ hat sich auf Grund der Win-Win-Situation bewährt. Sofern sich vor Ort Ehrenamtliche finden, können weitere Bahnhöfe einbezogen werden.