Eine Hand hält ein rosa Smartphone, auf dessen Display der Begriff "E-Ticket" und ein QR-Code angezeigt wird. In Hintergrund ist eine verschwommene Leuchttafel für Abfahrts- oder Abflugzeiten zu sehen.
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Handy- und Online-Tickets

Ver­öf­fent­licht am

Das eigene Handy (Handy-Ticket) oder von Kund*innen selbst gedruckte Papiertickets (Online-Ticket) gewinnen zunehmend Bedeutung als neue Vertriebswege für ÖPNV-Tickets.

Das Handy-Ticket (Kauf und Anzeige der Fahrtberechtigung mit dem Smartphone) und das Online-Ticket (Kauf der Fahrtberechtigung in einem Webshop mit Papierausdruck auf einem handelsüblichen Computerdrucker) stellen Ausgabekanäle im elektronischen Ticketing dar: Die Fahrtberechtigung ist bei beiden Verfahren sowohl als elektronisch auslesbarer Barcode sowie in Grafikelementen und Text für die Sichtprüfung im Ticketdokument enthalten. Handy-Ticket und Online-Ticket basieren somit auf der gleichen technischen Basis. Die Verfahren bieten damit den Vorteil, dass sie als „Brückentechnologie“ auf dem Weg zum elektronischen Ticketing sowohl elektronisch wie ein e-Ticket als auch per Sichtprüfung wie ein Papierticket auf ihre Gültigkeit hin geprüft werden können.

Ausgangslage


Beim Handy-Ticket wird für die verbreiteten Betriebssysteme für mobile Endgeräte (zzt. Android und iOS) eine Smartphone-App bereitgestellt, über die der Bestellprozess sowie die Anzeige des gekauften Tickets für Ticketprüfungen erfolgt. Vielfach haben die Verkehrsunternehmen unternehmensbezogene Apps für Informationszwecke erstellen lassen, in die die Ticketfunktionalität eines Handy-Ticket-Anbieters eingebunden ist.

Beim Online-​Ticket kaufen die Kund*innen ihr Ticket wie im e-​Commerce üblich am heimischen Rechner über einen Webshop und bezahlen über die verbreiteten Zahlungswege im e-​Commerce (z. B. Kreditkarte, Lastschrift, Payment-​Dienste wie Giropay oder Paypal). Das Ticket wird als PDF-​Dokument empfangen und muss auf einem handelsüblichen Drucker von den Kund*innen ausgedruckt werden.

In manchen Räumen ist das elektronische Ticketing bereits eingeführt, in anderen Räumen ist dieser Prozess in Vorbereitung. Gerade bei regionsübergreifenden Tickets stellt dies ein Problem dar, da elektronische Tickets nur dann eingesetzt werden können, wenn sie in allen Teilräumen prüfbar sind. Dieses Problem umgehen die Vertriebswege Handy-​Ticket und Online-​Ticket: In Räumen, in denen das e-​Ticket und seine Prüfinfrastruktur ausgerollt sind, können die Tickets anhand des aufgebrachten 2D-​Barcodes nach VDV-​Standard elektronisch geprüft werden. Beispielsweise können die Barcodes durch die elektronischen Einstiegkontrollsysteme oder die Zugbegleiter können mit ihren Lesegeräten den Barcode elektronisch einlesen. In den anderen Räumen, in denen diese Infrastruktur noch nicht aufgebaut ist, erlauben die Sicherheitsmerkmale der Tickets eine Sichtprüfung vergleichbar Papiertickets. So wächst die Ticketing-​Welt zwischen Handy-​, Online-​ und eTicket immer weiter zusammen und neue Vertriebswege können auch in Räumen umgesetzt werden, die noch nicht über eTicket-​Infrastruktur verfügen.

Für die Kund*innen bietet das Handy-​Ticket den Vorteil, dass Tickets unmittelbar vor Fahrtantritt unabhängig von der anbieterseitigen Vertriebsstruktur gekauft werden können: Die Verkaufsumgebung ist für die Kund*innen vertraut (eigenes Smartphone), der Kaufvorgang ist unabhängig von externen Störeinflüssen (z. B. mehrere Wartende vor dem Ticketautomaten), die Zahlung erfolgt im Nachgang des Kaufs (postpaid, keine Bargeldtransaktion). Bildlich gesprochen haben die Kund*innen beim Hand-​Ticket ihren eigenen „Fahrkartenautomaten in der Hosentasche“.

Beim Online-​Ticket liegt der Vorteil darin, dass der Kaufvorgang „in aller Ruhe“ am heimischen PC vorgenommen werden kann.

Kund*innen benötigen für beide Verfahren kein besonderes „Trägermedium“, da der Smartphone-​Besitz und der Zugang zu einem Computer mit Drucker sehr verbreitet sind.

Akteure


Online-Ticket:

Um im NRW-​Tarif einen flächendeckenden Vertrieb für Pauschalpreis-​ und RelationspreisTickets auch an Orten ohne Schienenanschluss zu ermöglichen, hat die NRW-​Tariflandschaft das „OnlineTicket NRW” umgesetzt. Die PauschalpreisTickets des NRW-​Tarifs (z. B. SchönerTagTicket NRW) werden über den Webshop https://ticketshop.mobil.nrw/ und www.ots-​nrw.de vertrieben. RelationspreisTickets des NRW-​Tarifs werden innerhalb der DB-​Fahrplanauskunft (www.bahn.de) angeboten. Damit sind mit Ausnahme der Zeitkarten alle Produkte des NRW-​Tarifs als OnlineTicket NRW verfügbar.

Im Bereich der Verbund-Tarife werden Online-Tickets über verschiedene Ticket-Shops angeboten. Die Produktpalette ist dabei sehr unterschiedlich. Online-Tickets der Verkehrsverbünde werden z. B. vertrieben über https://ticketshop.mobil.nrw/, über https://onlineticket-nrw.de/, im Verkehrsverbund Rhein-Sieg über den VRS-Ticketshop, im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr von verschiedenen Verkehrsunternehmen, die jeweils auf das gleiche Hintergrundsystem zurückgreifen (z. B. Rheinbahn (Düsseldorf), Ruhrbahn (Essen, Mülheim) und im WestfalenTarif über den Ticketshop von moBiel.

Handy-​Ticket:

Über die App "mobil.nrw" werden verschiedene Verbundtickets aller Verbundtarife (AVV, VRR, VRS und WestfalenTarif) sowie Tickets des NRW-Tarifs (Relationspreis- und PauschalpreisTickets) vertrieben. Die App wird von DB Regio betrieben. Angeboten werden über die App auch die neuen eTarife „eezy“, bei denen der Preis über die zurückgelegten Luftlinienkilometer abgerechnet wird.

Mehrere städtische Verkehrsbetriebe aus NRW nehmen am Projekt HandyTicket Deutschland der Firma HanseCom teil. Über das eingerichtete Kundenkonto können Tickets für alle teilnehmenden Regionen in Deutschland erworben werden. 

Die Deutsche Bahn vertreibt über ihre Apps „Ticket NRW“ oder „DB Navigator“ Verbundtickets und Tickets des NRW-​Tarifs (Relationspreis-​ und PauschalpreisTickets). Weitere Handy-​Ticket-Lösungen setzen Verbünde und Verkehrsunternehmen um, z. B. der Verkehrsverbund VRS (VRS-​App), der Raum Westfalen (WestfalenTarif-​App), die Kölner Verkehrsbetriebe (KVB-​App), die Stadtwerke Bonn (Easy.go) oder die Ruhrbahn (ZÄPP). Verschiedene Apps ermöglichen ebenfalls die Nutzung der neuen eTarife „eezy“

Probleme und Aufgaben


Das Online-​Ticket kann ohne Medienbruch in einem Vorgang auch durch Neukund*innen recht einfach erworben werden, allerdings nur mit entsprechendem zeitlichem Vorlauf (nicht erst unterwegs „on-​trip“). Der Kauf des HandyTickets bedingt vielfach die vorherige Registrierung, was die spontane Nutzung durch Erstkund*innen hemmt. Eine vorherige Registrierung ist u.a. zur Eingabe von Bankdaten im Hintergrundsystem notwendig. Um darauf beim Kauf eines HandyTickets zu verzichten, wird von vielen Anbietenden inzwischen auch die Zahlung per Paypal oder Giropay angeboten. 

Die Nutzungszahlen von Online-​Tickets und Handy-​Tickets sind in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen, allerdings stellen sie in den meisten Räumen verglichen mit der Anzahl verkaufter Papiertickets immer noch eine geringe Größe dar. Heute spielt das Online-Ticket im Fernverkehr eine große Rolle. Im Nahverkehr hat sich das Verfahren jedoch bislang noch nicht durchgesetzt. Die geringen Nutzungszahlen von Online-Tickets und Handy-Tickets dürfte unter anderem daran liegen, dass Kund*innen die Auseinandersetzung mit den "neuen" Verfahren scheuen und keinen preislichen Vorteil hierdurch erfahren. Der VRS hat hierauf reagiert und zur Förderung des Vertriebswegs HandyTicket einen Rabatt von 5 bis 10% in seiner Preistafel umgesetzt. Der VRR bietet über den elektronischen Vertriebsweg (HandyTicket oder online) verschiedene Tickets an, die ausschließlich über die VRR App und im Webshop erhältlich sind (z. B. 10er Ticket).

Verstärkt gehen Verkehrsunternehmen dazu über, auch Papiertickets aus Borddruckern oder Automaten mit einem 2D-​Barcode auszustatten, womit Fahrtberechtigungen aus allen Vertriebswegen elektronisch geprüft werden können. Hierdurch können Ticketing-​Elemente der analogen Vertriebswelt ertüchtigt werden, für die dann ausschließlich digital arbeitende Prüfinfrastruktur an Bord der Verkehrsmittel oder an Bahnsteigzugängen notwendig ist (Einstiegskontrollgeräte, mobile Prüfterminals).

Um die Fälschungssicherheit von Barcode-​basierten Handy-Tickets zu verbessern und die Prüfdauer dieser Fahrtberechtigungen zu reduzieren, wurde seitens der VDV eTicket Service aufbauend auf dem klassischen VDV-Barcode der VDV-Barcode mobile+ entwickelt. Durch diesen Standard wird die Sicherheitsarchitektur des bestehenden Barcodes um ein dynamisches Sicherheitselement erweitert (z. B. Zeitstempel, der sich regelmäßig erneuert), was das Kopieren per Screenshot oder Screenrecording unterbindet: Bei Prüfung wäre das dynamische Element veraltet, so dass die illegale Kopie offenkundig wird. Zusätzlich stellt ein Sicherheitskern auf dem Smartphone der Kund*innen eine Verbindung zwischen dem Smartphone und der App des Verkehrsunternehmens her und nimmt ein Sicherheitszertifikat auf. Auf diese Weise wird verhindert, dass die App als Ganzes, inklusive der darin abgelegten Tickets, auf ein anderes Smartphone übertragen wird. Um das Sicherheitszertifikat und den Sicherheitskern zu installieren, wird der „Mobile Ticketing Crypto Service“, kurz Motics, benötigt. Fahrausweisprüfende müssen damit kein zusätzliches Ausweisdokument der Kund*innen mehr prüfen, da das gültige Ticket nur über das jeweilige Endgerät, mit dem es gekauft wurde, angezeigt werden kann. Der fälschungssichere Barcode kann daher nicht auf Papier eingesetzt werden.

Durch Online-​Tickets zum Selbstausdruck oder das Handy-​Ticket stehen Online-​Vertriebswege für sehr viele Fahrausweissorten zur Verfügung, die aber noch viel zu selten mit der pre-​trip-Fahrplanauskunft verknüpft sind. Die Lösung dieser Frage stellt eine dringende Aufgabe der Verkehrsunternehmen dar.