Eine Gruppe Schulkinder steht an einer Straßenbahnhaltestelle neben einer gelben Straßenbahn.
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Finanzierung von Schülertickets

Ver­öf­fent­licht am

Mit Schülertickets werden Kinder und Jugendliche mobil – auf dem Schulweg, in ihrer Stadt und auch darüber hinaus. 

Schüler*innen sind die Nahverkehrskunden von morgen. Damit sie den ÖPNV nicht nur aus der Schulbus-Perspektive kennenlernen, sondern die Vorteile von Bus und Bahn jederzeit in ihrer Freizeit erfahren können, gibt es die Schülertickets. Dieser solidarisch durch Schulträger, Eltern und Verkehrsunternehmen finanzierte Ansatz ermöglicht die unkomplizierte, verbundweite Nutzung von Bus und Bahn zu einem günstigen Preis und erleichtert die Integration von Schülerverkehren in den normalen Linienverkehr, der dadurch gestärkt werden kann. Das Schülerticket kann sowohl für den Schulweg als auch in der Freizeit genutzt werden, und zwar an allen Tagen im Jahr, rund um die Uhr.

Ausgangslage


Die Entscheidung darüber, ob ein Schülerticket in das Tarifangebot aufgenommen wird, liegt bei den regionalen Tariforganisationen (Verkehrsverbünde oder Verkehrsgemeinschaften) bzw. bei den örtlichen Verkehrsunternehmen (§ 39 PBefG). Über Art und Umfang der Schülerbeförderung und damit letztlich auch über die Abnahme von Schülertickets entscheiden die Schulträger gemäß § 3 Schülerfahrkostenverordnung (SchfkVO) des Landes NRW. Auch bei Existenz eines Schülertickets dürfen die Schulträger zur Schülerbeförderung weiterhin sogenannte freigestellte Schülerverkehre organisieren, die von anderen Personengruppen nicht genutzt werden dürfen. Andersherum lässt sich aus dem Angebot eines Schülertickets keine Pflicht zur Schaffung zusätzlicher Linienverkehre ableiten, die ggf. von Schulträgern für erforderlich gehalten werden.

Ein Schülerticket kann nur durch eine intensive Kooperation der Verantwortlichen vor Ort und in Abstimmung mit den betroffenen Eltern und Schülern eingeführt werden. 

Finanziell wird das Schülerticket durch drei Säulen getragen:

  1. Die erste Säule bilden die Aufwendungen der öffentlichen und privaten Schulträger für die Fahrkostenerstattung nach § 94 Abs. 1 und § 97 Abs. 1 Schulgesetz (SchulG) in Verbindung mit der Schülerfahrkostenverordnung (SchfkVO), die sogenannten Schulträgerleistungen. Sie werden für alle in NRW wohnenden Schüler*innen bereitgestellt, deren Schulweg (einfache Entfernung) zur nächstgelegenen Schule in der Primarstufe mehr als 2 km, in der Sekundarstufe I sowie der Jahrgangsstufe 10 des Gymnasiums mit achtjährigem Bildungsgang mehr als 3,5 km und in der Sekundarstufe II mehr als 5 km beträgt. Schulträgerleistungen werden außerdem für Schüler*innen erbracht, deren Schulweg – unabhängig von der Entfernung – nach objektiven Gegebenheiten besonders gefährlich ist (z.B. entlang von Landstraßen ohne Gehweg).
  2. Die zweite Säule bildet der Verkauf des Schülertickets an die Schüler*innen bzw. deren Erziehungsberechtigte. Dabei sind freifahrtberechtigte Schüler*innen und Selbstzahlende zu unterscheiden.
    • Für Freifahrtberechtigte fallen Schulträgerleistungen an (s.o.). In diesem Fall muss für das Schülerticket nur ein geringer Eigenanteil geleistet werden, womit de facto die Nutzungsmöglichkeit des Tickets über den Schulweg hinaus entgolten wird. In §2 Abs. 3 SchfkVO ist der Eigenanteil pro Kind mit maximal 14 Euro je Beförderungsmonat festgelegt. Von Eltern mit mehreren anspruchsberechtigten Kindern unter 18 Jahren dürfen Eigenanteile nur für zwei Kinder in der Reihenfolge ihres Alters erhoben werden, für das zweite Kind nur bis zu 7 Euro je Beförderungsmonat. Kinder aus Familien mit Hilfen gemäß SGB XII sind von diesem Eigenanteil befreit. Die Erhebung von Eigenanteilen und die Voraussetzungen für Freifahrtberechtigungen müssen vom Schulträger festgestellt werden.
    • Selbstzahlende sind wiederum all jene, die keinen Anspruch auf Übernahme der Schulwegkosten haben, und für die entsprechend keine Schulträgerleistung gezahlt wird. In diesem Fall muss für das Schülerticket ein höherer Preis bezahlt werden. Dieser ist abhängig von den im jeweiligen Verkehrsverbund angebotenen Schülertickets (siehe bei „Akteure“).
  3. Die dritte Säule bilden die Mittel der Ausbildungsverkehr-Pauschale nach §11a ÖPNVG NRW, die den ÖPNV-Aufgabenträgern zur Verfügung gestellt wird. Sie dient den Verkehrsunternehmen vor Ort zum Ausgleich der sozialpolitischen Lasten durch rabattierte Fahrausweise für den Ausbildungsverkehr.

Akteure


Empfehlungen zur rechtlichen und finanziellen Absicherung des Schülertickets in NRW wurden in einem Arbeitskreis aus Verkehrsverbünden und Verkehrsgemeinschaften, Verkehrsunternehmen und Kommunen unter Federführung des Verkehrsministeriums NRW erarbeitet. 

Das Schülerticket-​Modell ist in den Verkehrsräumen Rhein-​Sieg (VRS), Rhein-​Ruhr (VRR), Aachen (AVV) und Westfalen etabliert. Seit dem Schuljahr 2023/2024 besteht neben den etablierten Schülertickets auch das Angebot des Deutschland-Tickets Schule in NRW. Wie bei den Schülertickets liegt auch beim Deutschland-Ticket Schule die Entscheidung, ob und wann das Ticket an einer Schule angeboten wird, bei dem jeweiligen Schulträger.

Der VRS bietet den Schulträgern das Schülerticket mit zwei unterschiedlichen Finanzierungsmodellen an:

  • Tritt eine gesamte Schule als Vertragspartner auf, d.h. alle Schüler*innen erhalten das SchülerTicket, greift das Solidarmodell. Entschließen sich nicht 100% der Schüler*innen zur Abnahme des SchülerTickets sondern z.B. nur 85%, dann wird die Preis-Differenz (100% - 85%) auf die tatsächlich teilnehmenden Schüler*innen umgelegt.
  • Wird für das "Solidarmodell" an der Schule keine Mehrheit gewonnen, kann das SchülerTicket von den nicht freifahrtberechtigten Schüler*innen wahlweise im Jahresabo erworben werden (Fakultativ- oder Optionalmodell). Für alle freifahrtberechtigten Schüler*innen wirkt sich eine Freifahrtberechtigung vergünstigend auf den Preis des SchülerTickets aus. 

Um das SchülerTicket auch in ländlichen Räumen mit zumeist seltener verkehrenden ÖPNV-Angeboten und damit geringeren Nutzungsmöglichkeiten über die Schulwege hinaus marktfähig anbieten zu können, hat der VRS zwei Standortkategorien mit unterschiedlichen Preisniveaus eingeführt. Beiden gemeinsam ist die Gültigkeit im gesamten Verbundgebiet. 

Der VRR bietet das Schülerticket (Produktname: „SchokoTicket“) seit 2002 im gesamten Verbundraum des VRR an. Das SchokoTicket berechtigt zu beliebig vielen Fahrten im gesamten Verbundraum (Preisstufe D). Es wird nach dem Optionalmodell im Jahresabo verkauft und ersetzt die herkömmlichen Schulträgermonatskarten im VRR.

Im Verbundgebiet des AVV kann das Schülerticket ("School&Fun-​​Ticket") ausschließlich nach dem Optionalmodell in der Mehrzahl der Kommunen der Städteregion Aachen und des Kreises Düren sowie an einzelnen Schulen im Kreis Heinsberg im Jahresabo bezogen werden. Voraussetzung ist, dass die Schule eine entsprechende Vereinbarung mit dem zuständigen Verkehrsunternehmen abgeschlossen hat. Die Schülertickets von AVV und VRS gelten auch in den angrenzenden Kommunen des jeweils anderen Verbundes. Für die Nutzung im gesamten VRS kann das entsprechende Schülerticket des VRS zum Selbstzahlerpreis erworben werden. Zwischen AVV und VRR sind ebenfalls Übergangsregelungen vereinbart. Außerdem kann das VRR Schüler-Ergänzungticket für den gesamten VRR-Raum zusammen mit dem School&Fun-Ticket abonniert werden.

Seit 2021 gibt es mit dem SchülerTicket Westfalen ein für Schul-​ und Freizeitfahrten im gesamten Raum des WestfalenTarifs gültiges Ticket. Voraussetzung ist eine Vereinbarung des Schulträgers mit dem zuständigen Verkehrsunternehmen. Ein Abschluss ist nach dem Fakultativ-​ oder Solidarmodell möglich. Beim Solidarmodell erhalten alle Schüler*innen der beteiligten Schule ein Ticket, ohne einen Eigenanteil zahlen zu müssen. Im Fakultativmodell erhalten die anspruchsberechtigten Schüler*innen das Ticket gegen die Zahlung eines entsprechenden Eigenanteils (dieser kann auch durch Dritte finanziert werden). Die nichtanspruchsberechtigten Schüler*innen können das Ticket als Selbstzahler erwerben. Bereits vor Einführung des SchülerTickets Westfalen gab es regionale Schüler-Ticket-Angebote z.B. im Raum Westfalen Süd (Kreise Olpe und Siegen-Wittgenstein), in Münster und Hamm.

Mit der Einführung des Deutschland-​Tickets wurde auf Landesebene über die Weiterentwicklung der vorhandenen Tickets für Schüler*innen diskutiert, um möglichst vielen Schüler*innen einen kostengünstigen Zugang zum ÖPNV mit bundesweiter Nutzung zu ermöglichen. Mit dem „Deutschland-​Ticket Schule“ gibt es in NRW seit August 2023 eine Regelung, nach der Anspruchsberechtigte Schüler*innen ein „Deutschland-​Ticket Schule“ durch den Schulträger erhalten. Die Eigenanteile bleiben in aktueller Höhe bestehen. Selbstzahlende Schüler*innen eines am Vertragsmodell teilnehmenden Schulträgers können ein Deutschland-​Ticket Schule zu einem gegenüber dem Deutschland-Ticket vergünstigten Preis im monatlich kündbaren Abonnement erwerben. Die Entscheidung, ob und wann das Deutschland-​Ticket Schule an einer Schule angeboten wird, obliegt dem jeweiligen Schulträger.

Die Finanzierung des Deutschland-​Ticket Schule stützt sich wie bei den bereits etablierten Schülertickets auf die drei Säulen Ausgleichsleistungen nach §11a, Aufwendungen der Schulträger für die Fahrkostenerstattung und Verkauf der Schülertickets bzw. Eigenanteil der Schüler. Falls diese Mittel nicht ausreichen, gleicht das Land NRW die entstehende Differenz aus.

Probleme und Aufgaben


Das Tarifangebot „Schülerticket“ hat sich erfolgreich und wirtschaftlich tragfähig im Tarifportfolio der Verkehrsverbünde bzw. Verkehrsgemeinschaften etabliert und konnte durch die in Nordrhein-Westfalen eingeführte Regelung auch kompatibel zum Deutschland-Ticket ausgestaltet werden.

Ein Erfolg des Schülertickets in ländlichen Räumen ist zweifellos schwieriger zu erreichen. Während für Schüler*innen in großstädtischen Räumen durch ein gut ausgebautes ÖPNV-​Netz und zahlreiche Freizeitangebote ein attraktiver Mehrwert des Tickets besteht, ist dies in ländlichen Räumen oft nicht der Fall. Hierdurch fällt die Akzeptanz des Tarifmodells bei Schulträgern und Eltern in ländlichen Räumen deutlich schwächer aus und verhindert die weitere Verbreitung des Tarifprodukts in den übrigen Tarifräumen in Nordrhein-​Westfalen. Dies erschwert die gemäß SchfkVO § 12 sowie zur Stärkung des regionalen ÖPNV angestrebte Beförderung der Schüler im normalen Linienverkehr. Infolgedessen gibt es in vielen ländlichen Gebieten Nordrhein-​Westfalens weiterhin freigestellte Schülerverkehre.

Freigestellte Schülerverkehre können dem Angebot von Schülertickets entgegenstehen. Hintergrund ist, dass die Schulträgerleistung je Schüler*in nur einmal geleistet werden kann: entweder zur Finanzierung des freigestellten Schülerverkehrs oder als eine der drei Säulen zur Finanzierung des Schülertickets. Problematisch ist dies vor allem dann, wenn freifahrtberechtigte Schüler*innen auf ihrem Schulweg sowohl den freigestellten Schülerverkehr als auch den Linienverkehr nutzen könnten. In solchen Fällen kommt die Schulträgerleistung traditionell der Finanzierung des Schülerspezialverkehrs zugute, bei Einführung des Schülertickets fallen die Beförderungskosten aber ggf. im Linienverkehr an.

Um das Modell "Schülerticket" langfristig zu sichern, müssen die Erträge aus dem Tarifangebot auskömmlich sein. In diesem Zusammenhang sind folgende Entwicklungen von Bedeutung:

  1. Eigenanteil der Schüler:
    Der gesetzlich mögliche Eigenanteil der freifahrtberechtigten Schüler*innen war lange unverändert. Die Preise des Schülertickets für Schüler*innen ohne Freifahrtberechtigung sind in den letzten Jahren dagegen entsprechend der allgemeinen Preisanpassungen im ÖPNV sukzessive gestiegen. 2020 reagierte das Land NRW hierauf mit einer Anhebung der Eigenanteile für freifahrtberechtigte Schüler*innen. Sie betragen bis zu 14 EUR pro Monat für das erste Kind und bis zu 7 Euro pro Monat für das zweite Kind (§ 2 Abs. 3 SchfkVO).
  2. Aufwendungen der Schulträger für die Schülerbeförderung der freifahrtberechtigten Schüler*innen:
    Der derzeit mögliche Höchstbetrag ist in der Schülerfahrkostenverordnung (SchfkVO) mit 100 € je Schüler im Monat festgelegt (ggf. gemindert um den vom Schulträger festgesetzten Eigenanteil). Er wurde im Rahmen der Änderung der Schülerfahrkostenverordnung im Jahr 2020 nicht erhöht.

Verschiedentlich fordern Verkehrsunternehmen und Verbünde die Dynamisierung der Eigenanteile der freifahrtberechtigten Schüler sowie des Höchstbetrags des Schulträgeranteils, um die Wirtschaftlichkeit des Angebots auch unter veränderten Rahmenbedingungen für die Zukunft zu sichern. Auf der anderen Seite können höhere Schulträgerleistungen bei der Umwandlung von freigestellten Schülerverkehren in Linienverkehre kontraproduktiv sein, da freigestellte Verkehre für den Schulträger dann ggf. günstiger sind.